Arbeitsrecht: Was passiert, wenn ein Kollektivvertrag gekündigt wird
Aktuell werden Kollektivverträge (KV) neu verhandelt, doch was wenn der Arbeitgeber den KV plötzlich kündigt? Indirekt ist das nämlich möglich, erklärt Martin Müller vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). Zwar kann ein einzelner Arbeitgeber die Entscheidung nicht treffen, einen Vertrag aufzulassen, aber eine Arbeitgebervereinigung, wie aktuell der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) (lesen Sie mehr) sehr wohl.
„Es ist keine der Parteien gezwungen, einen Kollektivvertrag abzuschließen“, sagt Müller. Dennoch haben 98 Prozent der Arbeitgeber einen Kollektivvertrag als rechtliche Basis. Dieser garantiert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Vorteile wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, legt essenzielle Details wie Einstiegsgehälter und Gehaltssprünge fest, und kann auch einen Kündigungsschutz im Krankheitsfall enthalten.
Rücktritte von einem KV sind selten - kommen aber vor
Rücktritte von Kollektivverträgen sind äußerst selten, sagt der ÖGB, passiert es aber, gelten die Bestimmungen für jene, die zuvor schon einen KV hatten, weiter. Zumindest so lange bis ein neuer KV abgeschlossen wurde.
Der neue KV gilt dann sowohl für alte als auch neue Mitarbeiter, jedoch kann es auch Übergangsbestimmungen geben, die letztlich Verhandlungssache sind, erklärt Müller. Etwa, ob bestehende Mitarbeiter in den Alt-Verträgen verbleiben und der neue KV nur für neu Angestellte gilt.
Eine automatische Verschlechterung muss mit einem neuen KV nicht einhergehen. „Wenn die Gewerkschaft genügend Druck erzeugt, kann es sein, dass der neue KV auch besser ist als der alte“, so Müller. Kritisch ist die Zeit, die zwischen einem etwaig neuen Vertragsabschluss liegt. Denn hier hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, von alten KV-Bestimmungen einzelvertraglich abzuweichen.
Sollte kein KV mehr abgeschlossen werden, brauchen neue Mitarbeiter jedenfalls Verhandlungsgeschick. Zwar gilt die gesamte Palette des Arbeitsrechts weiterhin, doch kollektive Regelungen gibt es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr und müssen stattdessen einzelvertraglich vereinbart werden. Ein guter Abschluss ist selbstverständlich trotzdem möglich, doch „die Verhandlungsmacht ist wesentlich geringer“, merkt Martin Müller an.
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