Arbeiterkammer warnt: Mitarbeiter werden digital überwacht

Geht es um Digitalisierung, war es zuletzt die Angst vor Arbeitsplatzverlusten, die Arbeitnehmer beschäftigte. Die ist jetzt einer anderen Sorge gewichen: jener der Überwachung.
Das erhebt eine neue Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) im Auftrag der Arbeiterkammer Wien, die heute, am 2. Februar, präsentiert wurde. Ein Interview mit Arbeiterkammer-Direktorin Silvia Hruška-Frank.

Arbeiterkammer-Direktorin Silvia Hruška-Frank
KURIER: Die Studie zeigt, dass die Befragten in der Digitalisierung mehr Vor- als Nachteile sehen. Wie schwer wiegen die Sorgen wirklich?
Silvia Hruška-Frank: Das Gute ist, dass es in keine Totalskepsis gegen Digitalisierung ausschlägt. Aber bei den Themen Überwachung und Mithalten sehen wir, dass die Sorgen groß sind. Vielleicht auch deshalb, weil es schon gegenwärtig ist.
Trifft diese Sorge alle Generationen gleich?
Das geht quer durch die Altersgruppen, ist aber sehr von der persönlichen Einstellung abhängig. Die einen „haben ohnehin nichts zu verbergen“, die anderen möchten nicht, dass der Arbeitgeber genau weiß, wo man ist und was man tut. Das kennt man von früher, wenn jemand hinter einem gestanden ist und die eigene Arbeit kontrolliert hat. Vom Gefühl her ist das nichts Neues.
Was wäre ein Worst-Case-Szenario der Überwachung – haben Sie ein praktisches Beispiel?
Nehmen wir eine Arbeitnehmerin in einer Taxifunkzentrale, die mit Kunden telefoniert. Es gibt keinen Betriebsrat und der einzelne Arbeitnehmer muss zustimmen, aufgezeichnet, also überwacht zu werden. Der Arbeitgeber macht das trotzdem, kündigt die Angestellte, sagt, sie hat nicht gut gearbeitet und legt zum Beweis die Tonbänder vor. Dann wird das vor Gericht verwertet, obwohl es zu Unrecht zustande gekommen ist.
1011 Befragte zwischen 18 und 60 Jahren
- 74 Prozent fürchten durch die Digitalisierung mehr Überwachung
- Mehr als ein Drittel sagt, dass Arbeitsleistungen bereits überwacht werden
- 4 von 10 Arbeitnehmern werden wenig bis gar nicht eingebunden, wenn neue Arbeitsmittel eingeführt werden
- 56 Prozent sagen, dass Dokumentations- und Berichtspflichten zur Arbeitsleistung zunehmen
- Jeder Fünfte fürchtet, von Vorteilen der Digitalisierung ausgeschlossen zu sein
In der Studie führen Sie weitere Praktiken an: Handvenen-Scanner, die Arbeitszeiten erfassen, heimlich installierte Tracker von GPS Daten. Sind das nur einzelne Ausreißer?
Das sind in Betrieben ohne Betriebsräte leider keine Ausreißer, sondern sie passieren extrem häufig. Selbst wenn für jede Maßnahme die Zustimmung der einzelnen Mitarbeiter eingeholt wird, ist das ein zahnloser Tiger. Wer würde beim Unterschreiben des Arbeitsvertrags verweigern, dass etwa Fingerabdruck-Lesegeräte zum Einsatz kommen dürfen.
Wie kann der Betriebsrat entgegenwirken?
Der hat Mitbestimmungsrechte und muss eingebunden werden, wenn eine neue Technik eingesetzt wird. Man stößt jedoch schnell an die Grenze des eigenen technischen Verständnisses. Da braucht es Unterstützung von Experten, die erklären, was ein neues System genau erfasst.
Wie viele Beschwerden gehen bei der AK aufgrund von Datenschutzverletzungen ein?
Das sind wenige Fälle, weil die Menschen viel akzeptieren. Aber im Streitfall, wenn es um andere Thematiken geht, wie Kündigung oder Vorenthalten des Entgelts, kommt der Datenschutz – und dann sehr häufig – dazu.
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