Interspar-Chef: Zwischen Drive-in und Lieferservice

Interspar-Chef Johannes Holzleitner: „Im Fall von dem Markt im 1. Bezirk geht es nicht darum, ob wir mit der Zustellung Geld verdienen“
Interspar-Geschäftsführer Johannes Holzleitner sitzt im Interspar-Lokal Mezzanin am Wiener Schottentor. Von seinem Platz aus kann er das Treiben vor dem Geschäft in der ehemaligen Bank-Austria-Zentrale im ersten Wiener Gemeindebezirk beobachten. Vor ihm ein Teller voller Weihnachtskekse. „Selbst gebacken“, sagt er. Von den acht regionalen Interspar-Bäckereien der Handelsgruppe Spar.
KURIER: Alle Bäcker jammern über die gestiegenen Kosten in der Produktion – zahlt sich das Backen von Weihnachtskeksen aus?
Johannes Holzleitner: Das Backen von Keksen ist aufwendig. Man braucht viel Platz und Mitarbeiter, weil Vieles Handarbeit ist. Immer weniger Bäcker tun sich das an. Wir sehen, dass das Angebot am Markt abnimmt. Allerdings nicht bei uns. Unsere Bäckereien backen allein für diese Weihnachten 40 Tonnen Kekse.
Klingt, als würden die Österreicher zumindest nicht bei den Keksen sparen, trotz hoher Inflation. Wie wirkt sich diese auf das Kaufverhalten aus?
Viele schauen auf den Preis, wir sehen das an der Entwicklung der Umsätze unserer Preiseinstiegsmarke S-Budget. Sie sind in den ersten zehn Monaten 2022 gegenüber dem Vergleichzeitraum 2021 um rund 20 Prozent gestiegen. Gleichzeitig wachsen die Bioumsätze und jene des veganen Sortiments auch knapp zweistellig – manche leisten sich das jetzt erst recht. Was wegfällt ist die Mitte.
Hinter den Kulissen streiten Handelsketten und Produzenten von Lebensmitteln heftig über die Preise. Haben Sie sich schon mit Haribo geeinigt?
Wir sind in laufenden Verhandlungen. Generell kennen wir die Preissituation sehr gut, schon allein weil wir in unseren eigenen Betrieben Tee, Kaffee, Fleisch und Backwaren produzieren. Aber auch weil wir einen Eigenmarkenanteil von mehr als 40 Prozent haben und damit Einblick in Kalkulationen. Fix ist jedenfalls, dass der Lebensmitteleinzelhandel inflationshemmend ist und wir derzeit auf Spannen verzichten.
Im Interspar im 1. Bezirk kann man sich den Einkauf ab 50 Euro gratis heimbringen lassen. Ist das ein Geschäft? Wird dieses Service auf andere Standorte ausgerollt?
Dieses Angebot würde an Standorten, zu denen die Kunden primär mit dem Auto kommen, wenig Sinn machen. Im Fall von dem Markt im 1. Bezirk geht es nicht darum, ob wir mit der Zustellung Geld verdienen. Wichtig ist, dass die Leute ins Geschäft kommen und zu Stammkunden werden. Bis der Einkauf bei einem neuen Markt zur Gewohnheit wird, dauert es in der Regel zwei bis vier Jahre.
Interspar
Das größte Tochterunternehmen der Spar Österreich (76 Standorte) beschäftigt rund 10.000 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, davon 350 in den Bäckereien, rund 1.000 in der Gastronomie und 330 Lehrlinge
Geschäftsführung
Johannes Holzleitner ist seit Anfang 2021 Interspar-Geschäftsführer und damit auch Chef der 80 Gastronomie-Standorte (inkl. Interspar-Restaurants, Maxi-Restaurants und Café Cappuccinos). Er ist seit 1999 beim Salzburger Handelskonzern, war unter anderem in leitenden Funktionen im Einkauf
Wie schätzen Sie die Bedeutung des Online-Shoppings im Lebensmittelhandel ein?
Österreich ist nach Norwegen das Land mit der zweithöchsten Dichte an Lebensmittelgeschäften (Anmerkung: gemessen an der Einwohnerzahl). Wir sehen unsere Online-Shops und Services als Ergänzung zu unserem Angebot in unseren Märkten. Ganz allgemein tut sich der Online-Handel aber schwer in Österreich. Selbst in England kommen die Lebensmittelhändler nicht über eine Quote von etwa sechs Prozent.
Eine Zustellung per Boten bietet Interspar derzeit ausschließlich in Wien und Salzburg an. Warum?
Aus Kapazitätsgründen bei der Zustellung, die berühmte letzte Meile ist ja bekanntlich die schwierigste. Man kann ja derzeit beobachten, wie Investoren bei Quick-Commerce-Firmen aussteigen, weil sie sehen, dass sich das Geschäftsmodell als reiner Online-Anbieter nicht rechnet.
Das Fahrradbotengeschäft im Speziellen?
Der Rucksack der Fahrradboten darf nicht mehr als zehn Kilo wiegen. Mit kleinen Warenkörben kann man aber nicht rentabel zustellen. Und unter einem Warenkorb von 100 Euro zahlt sich die Zustellung mit dem Auto nicht aus.
Am besten wäre es also, die Kunden kommen ihre Ware selbst abholen. In Fürstenfeld testen Sie gerade einen Drive-in. Wie kann man sich das vorstellen?
Man bestellt online, fährt zur Filiale, fährt zum Drive-in, klingelt, bekommt die Ware ausgeliefert. Wir haben bei unseren Kollegen in Slowenien und Ungarn gesehen, dass dieses Angebot gut angenommen wird, deswegen testen wir es jetzt am ersten Standort. Ein weiterer Versuch, das Problem mit der letzten Meile zu lösen.
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