Familienplanung in Zeiten der Krise: Weniger Kinder wegen hoher Teuerung
Die drei großen Krisen der Jahre seit 2020 – die Covid-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und der Inflationsschock – haben in der Gesellschaft tiefe Spuren hinterlassen. Speziell die angespannte finanzielle Situation in vielen Haushalten, die aufgrund der Teuerung bis heute nachwirkt, hat auch Auswirkungen auf die persönliche Familienplanung, wie Isabella Buber-Ennser, leitende Demografin an der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) weiß.
Sie hat mit zwei Kolleginnen umfangreiche Daten aus einer Befragung von nahezu 7.500 Österreicherinnen und Österreichern aus dem Zeitraum Oktober 2022 und März 2023 ausgewertet und ihre Schlussfolgerungen publiziert. In der besagten Phase hatte die Inflation im Spätherbst 2022 mit rund elf Prozent ihren Höhepunkt seit fünf Jahrzehnten erreicht.
Weniger oder keine weiteren Kinder
Die Forscherin hält die Ergebnisse für weiterhin hoch relevant, insbesondere mit Blick auf die ohnehin rückläufige Geburtenrate in Österreich. Die Befragung zeigte, dass sich die Krisen und hier insbesondere die Teuerung vor allem negativ auf die Kinderwünsche ausgewirkt haben.
Relativ oft wollten Menschen nun weniger oder keine zusätzlichen Kinder mehr. Vergleichsweise wenige verschoben ihre Kinderwünsche lediglich auf einen späteren Zeitpunkt.
Die längerfristige Folge ist mittlerweile klar belegt: Heuer meldete die Statistik Austria für 2024 einen historischen Tiefstand der Gesamtfertilitätsrate von 1,31 Kindern pro Frau. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Geburtenrate waren anders: Nach einem kurzen Rückgang neun Monate nach der ersten Coronawelle, erholte sich die Geburtenrate rasch wieder und erreichte 2021 mit 1,48 sogar einen höheren Wert als vor der Pandemie (1,46 in 2019). Danach ging es bergab.
Ein Zusammenhang zwischen Teuerung und geänderten Familienplänen liegt für die Wissenschaft auf der Hand: So gaben in der Studie österreichweit konkret elf Prozent der Befragten an, ihre Familienpläne aufgrund der Krisen geändert zu haben – überdurchschnittlich oft in vulnerablen Gruppen (Arbeitslose, Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen, Menschen mit Migrationshintergrund etc.). Die meisten Änderungen führten zu weniger oder keinen weiteren Kindern.
Weitere 18 Prozent gaben an, sich noch unsicher zu sein, wie es mit der Familienplanung weitergeht. Auch wenn die elf beziehungsweise 18 Prozent auf den ersten Blick nicht übermäßig hohe Werte zu sein scheinen, so sind diese Ergebnisse für Buber-Ennser „nicht zu vernachlässigen, was die zukünftigen Kinderwünsche angeht. Sie zeigen jedenfalls in eine negative Richtung. Diese Werte sprechen angesichts des Tiefstandes bei der Geburtenrate nicht für eine Trendwende“.
Speziell nach der Teuerung befragt, empfand die Mehrheit der Befragten (55 Prozent) eine erhebliche bis sehr hohe Belastung durch die Inflation und hohen Preise.
Zum Vergleich: Bei Covid-19 lag dieser Wert bei lediglich 43 Prozent, beim Ukraine-Krieg bei gar nur 39 Prozent. Besonders auffällig sei auch, dass 13 Prozent angaben, sehr stark von der Inflation betroffen zu sein, während nur fünf Prozent angaben, gar nicht belastet zu sein, fasst die Expertin zusammen.
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