Laut Statistik verbraucht jeder Österreicher 22 Kilo Lacke und Anstrichmittel im Jahr. Wie kommt man auf so einen Wert?
Hubert Culik: Lack ist überall. Greifen Sie in der Früh zur Zahnpasta, greifen sie zu einer lackierten Tube. Jede Dose Tomatenmark ist lackiert. Ohne Speziallack im Verschluss wäre Mineralwasser nur wenige Tage in der Flasche haltbar, dasselbe gilt für Wein. Möbel, Brücken, Straßenmarkierungen ...
Sie sind Geschäftsführer der Rembrandtin Lack GmbH, die auch Straßenmarkierungen macht. Wie nachhaltig hat die Corona-Krise die Firma getroffen?
Straßenmarkierungen werden im März, April, Mai gemacht, heuer hat es schlicht keine gegeben.
Aber es wird doch Nachzieheffekte geben, oder?
Nein, sicher nicht. Die Länder müssen sparen. Sie haben gar kein Geld, um die Arbeiten nachzuholen. Ich rechne auch nicht mit einem V-förmigen Verlauf der Krise, eher einen L-förmigen. Sie bleibt uns lange erhalten.
Sie sind auch Fachverbandsobmann der Lackindustrie. Ist es Ihren Kollegen besser ergangen, weil viele Konsumenten die Krise zum Streichen von Fassaden und Wänden genutzt haben?
Firmen, die diese Farben und Lacke produzieren, hatten tatsächlich ein gutes Geschäft. Ganz im Gegenteil zu jenen, die sich auf die Belieferung der Autoindustrie spezialisiert haben. Sie melden Umsatzeinbrüche von 60 Prozent und mehr. Die Maschinenindustrie ist im selben Ausmaß eingebrochen. Die österreichische Lackindustrie hat eine Exportquote von 70 Prozent, 50 Prozent davon gehen nach Deutschland. Sie brauchen sich nur die Wirtschaftsentwicklung dort anschauen, dann wissen Sie, wie es mit den Exportzahlen ausschaut.
Steht das Schlimmste noch bevor?
Das ist zu befürchten, weil im Juli und August ja viele Werke die Produktion herunterfahren. Stahlwerke produzieren traditionell im Sommer weniger, damit sind die Umsätze der Lackindustrie in dieser Zeit von Haus aus kleiner. Viele österreichische Lackfirmen erwarten heuer Umsatzrückgänge von bis zu 25 Prozent.
Können die Betriebe das überleben?
Wir haben noch rund 20 größere Firmen in Österreich, die gut aufgestellt sind. Aber natürlich werden sie kämpfen und Kosten senken müssen. Viele sind unter dem Druck der globalen Konkurrenz bereits vom Markt verschwunden. Der Branchenumsatz liegt aktuell bei 450 bis 500 Millionen Euro.
In der Krise haben viele Lackfirmen Desinfektionsmittel hergestellt. Sie auch?
Ja, die Herstellung von Desinfektionsmitteln ist ja kein großes Mirakel, deswegen haben viele schnell darauf setzen können.
Die Branche hat 20.000 Liter gratis an Blaulichtorganisationen und Spitäler geliefert. Aber waren Desinfektionsmittel auch ein Geschäft?
Manche haben anfangs ganz gute Geschäfte gemacht. Es gab richtige Hamsterkäufe. Mittlerweile ist der Bedarf aber gesunken und gleichzeitig das Angebot gestiegen.
Lebensdauer eines Autos ohne Korrosionsschutzlack in Jahren: 2
Lebensdauer einer Stahlbrücke ohne Korrosionssschutzlack in Jahren: 5
Pro-Kopf-Verbrauch von Lacken und Anstrichmitteln in Österreich in Kilo: 22
Exportierte Lackmenge 2019 in Tonnen: 82.000
Wert der exportierten Lackmenge 2019: 297 Mio. Euro
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