Wohnen im Wolkenkratzer: Zwischen Himmel und Alltag

Wenn Matthias Stanek aus dem Fenster seiner Eigentumswohnung im 21. Stock der Danube Flats blickt, genießt er vor allem die Abendstimmung. Sunset erste Reihe fußfrei. Jeden Tag. Im Sommer fühlt er sich dabei fast wie im Süden: „Man bekommt hier echt Karibik-Feeling. Es sind ja nur zwei Minuten bis rein in die Donau“, erzählt der Jurist. Erst Ende des Vorjahres ist der 35-Jährige in das höchste Wohnhaus Österreichs eingezogen.

Mit 180 Meter, 48 Etagen und 659 Wohnungen sind Danube Flats in Wien das höchste Wohnhochhaus Österreichs.
Die Danube Flats im 22. Bezirk sind mit 180 Metern das höchste Wohngebäude Österreichs. 500 Eigentums- und 159 Mietwohnungen verteilen sich auf 48 Stockwerke – viele davon mit raumhohen Glasflächen, umlaufenden Terrassen, digitaler Steuerung und Blick bis zum Schneeberg.
Der Alltag in Wiens Wolkenkratzern
Doch wie lebt es sich wirklich dort oben? Wie funktioniert der Alltag? Und was macht ein Hochhaus lebenswert? Thomas Wetzstein, Geschäftsführer Vasko+Partner Ingenieure wohnt selbst im 30. Stock des Marina Tower, großzügige Loggia inklusive. „Die Aussicht Richtung Innenstadt und Donaucity ist beeindruckend“, erzählt er. „Die Nähe zum Wasser sowie das Wohnkonzept, kombiniert mit der Infrastruktur ringsum, waren für mich kaufentscheidend.“
Tatsächlich zählt das Umfeld des Hochhauses im zweiten Bezirk mit Marina-Deck, Prater-Nähe, U-Bahn-Station und Nahversorgung zu den Vorzügen beider Projekte. Was im Alltag auffällt: Aufzüge spielen eine zentrale Rolle. „Normalerweise funktioniert das reibungslos“, sagt Wetzstein. „Bei Stoßzeiten muss man mit zwei Minuten Wartezeit rechnen. Nur bei einem Fehlalarm sind einmal alle Lifte ausgefallen – das war unangenehm, aber nach 15 Minuten erledigt.“ Matthias Stanek nimmt die Höhenlage ebenfalls gelassen: „Manchmal braucht man halt etwas Geduld. Es gibt zwei Highrise-Lifte für die Wohnungen ab dem 27. Stockwerk und zwei Lowrise-Lifte für die Stockwerke 5 bis 27, damit reduzieren sich die Wartezeiten“.

Rangiert als Wohntower an zweiter Stelle: Wiens Marina Tower ist 140 Meter hoch, hat 41 Stockwerke und 511 Wohnungen.
Lieber für sich als gemeinsam
Im Außenbereich, so sagt man oft, sei Wind ein Thema. Für Stanek, der die Terrasse dank der bereits vorhandenen Blumentröge reichlich mit Grün und Gemüse bepflanzt hat, ist es aber „nicht allzu schlimm“. Den Hängesessel draußen habe er einfach entsprechend fixiert, damit er nicht gegen die Fassade schlägt. „Man weiß sich zu helfen.“
Für Architekt Andreas Schmitzer von A01 architects war Windschutz schon in der Planungsphase ein zentrales Thema: „Wir haben die Form und Ausrichtung des Gebäudes schon früh digital simuliert und im Windkanal getestet. So konnten wir die Windbelastung reduzieren – vor allem auf den Balkonen und Terrassen. Auch die Pflanztröge wirken als Pufferzone gegen Fallwinde“.

Der 51-jährige Bauingenieur Thomas Wetzstein wohnt im 30. Stock, Vogelperspektive inklusive.
Pool als Goodie
Freiflächen sind auch für Thomas Wetzstein sehr wichtig: „Die eigene Loggia nutze ich regelmäßig – die Gemeinschaftsterrassen eher weniger.“ Ähnliches berichtet Matthias Stanek in den Danube Flats, obwohl es dort gerade für Wohnungseigentümer im 4. Stock einen „Members Club“ mit Spa, Fitnessbereich, ganzjährig nutzbarem Pool, Yoga-Area und Bar gibt. Noch habe er mit anderen Bewohnern wenig Kontakt, erzählt er, aber die Möglichkeit, sich dort zu treffen, sei immerhin gegeben. Im Marina Tower kritisiert Wetzstein die AirBnB-Vermietungen und Kurzzeitmieter: „Die gehen oft weniger sorgsam mit dem Haus um.“ Sein gestohlenes Fahrrad aus dem versperrten Keller trübt das Sicherheitsgefühl ein wenig, aber „abseits davon passt alles“.
Lärm sei bei geschlossenen Fenstern in beiden Fällen kein Thema. „Man hört rein gar nichts“, sagen die beiden Towerbewohner unisono. Nur wenn Fenster oder Terrassentüren geöffnet sind, bekommt man den Verkehr unten mit. Für Stanek sei es aber nicht laut und „gehört zum Stadtleben dazu“. Wetzstein lobt die Wohnraumlüftung, die in den höher gelegenen Stockwerken standardmäßig verbaut wurde. „Bei offenen Fenstern sind allerdings die U-Bahn, die Bahntrasse und auch der Verkehr auf dem Handelskai hörbar“, erzählt er. Glücklicherweise wohnt der 51-Jährige auf der Südosttangenten-abgewandten Seite. „Es kann sein, dass dies auf der anderen Seite doch ein Problem ist.“

Jurist Matthias Stanek, 35, zog als einer der ersten Bewohner Ende 2024 im 21. Stock ein.
Natur, Infrastruktur, Verdichtung
Für die Architekten der modernen Hochhäuser in Österreich geht es längst um mehr als nur Wohnen: Christoph Zechner spricht beim Marina Tower von einem „Brückenschlag zum Donauufer“ und einem urbanen Quartier mit Mischnutzung und geringem Flächenverbrauch. Auch Andreas Schmitzer betont: „Die Lage von Danube Flats, direkt an der Neuen Donau und die Bademöglichkeit vor der Haustüre, ist ein Alleinstellungsmerkmal in Wien.“ Die Verbindung aus Naturraum, Infrastruktur und städtischer Verdichtung sei aus seiner Sicht beispielhaft.
Was in Zahlen oft untergeht: Österreich ist kein klassisches Hochhausland, das Gros der Wohnbauten bleibt niedrig. Nur in Wien gibt es 87 Gebäude, die offiziell als Hochhäuser gelten, darunter etwa ein Dutzend mit primärer Wohnnutzung. Laut Definition spricht man ab einer Gebäudehöhe von 35 Metern oder zehn Obergeschoßen von einem Hochhaus. In anderen Bundesländern sind solche Tower rar. Die bedeutendsten stehen in Linz (Bruckner Tower, ca 99 Meter), Graz (Smart City Tower, ca. 60 Meter) und Innsbruck (Reichenau, ca. 55 Meter) – meist sind sie Teil größerer Entwicklungsgebiete.
Zurück in Wien ist man da längst weiter: „Das Danube Flats Projekt war für uns eine besonders schöne Aufgabe und eine große Chance“, sagt Architekt Schmitzer. „Dank eines umsichtigen Bauherrn konnten wir das Projekt trotz der langen Projektzeit von mehr als zehn Jahren erfolgreich abschließen und ein neues Landmark für Wien schaffen.“
Kommentare