Tageslicht als Schlüssel zu gesunder Architektur

46-216647731
Wie Tageslicht unser Wohlbefinden revolutionieren kann, diskutierten Experten im Rahmen der 3 Days of Design in Kopenhagen.

Wenn selbst um Mitternacht noch Helligkeit durch die Straßen Kopenhagens fließt, wird klar: Licht ist hier mehr als ein Gestaltungselement – es ist Teil der kulturellen DNA. Rund um die Sommersonnenwende wurde die dänische Hauptstadt erneut zur Kulisse für ein Festival, das sich dem zukunftsorientierten Gestalten verschrieben hat: die 3 Days of Design. Was als lokale Designschau begann, ist heute ein internationales Schaufenster für neue Ideen – von Möbeln über Materialien bis hin zu Architektur, Forschung und Lichtgestaltung.

46-216647508

Für die Pas Normal Studios gestaltete OEO Studio eine ehemalige Fabrikhalle in lichtdurchflutete Kreativräume um. 

Mangelware Licht 

In diesem Jahr stand ein Thema im Fokus: die Rolle von Licht für Gesundheit, Stimmung und räumliches Empfinden. Unter dem Titel „Daylight Design and its Impact on Humans and Spaces“ diskutierten eine Wissenschaftlerin, ein Architekt und eine Nachhaltigkeitsexpertin in den Pas Normal Studios – einem lichtdurchfluteten Kreativraum im Norden der Stadt – über die Architektur von morgen. 
Was unter freiem Himmel selbstverständlich ist, ist im modernen Alltag Mangelware. Heute verbringen wir bis zu 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen, oft bei künstlichem Licht – zu schwach am Tag, zu hell in der Nacht. Die Folgen sind gravierend: Fehlgeleitete Lichtreize stören unseren Schlaf, fördern depressive Verstimmungen und sind laut Studien sogar mit Stoffwechselstörungen und erhöhtem Krankheitsrisiko verbunden. „Helle Tage, dämmrige Abende und dunkle Nächte sollten kein Luxus sein. Sie sind für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden von grundlegender Bedeutung“, so die Neurowissenschaftlerin Selma Tir von der Universität Oxford beim Panelgespräch.

VELUX - 3 Days of Design

Im Panelgespräch: Moderatorin Katarina Matsson mit Thomas Lykke, Selma Tir und Lone Feifer (v. li.).
 

Was bedeutet das für die gebaute Umwelt? „Licht, Luft und Materialien müssen genauso ernst genommen werden wie Funktion und Statik“, forderte Lone Feifer, Direktorin für Nachhaltigkeit und Architektur bei der Velux Gruppe. Architektur sollte nicht nur schützen, sondern aktiv fördern: Aufmerksamkeit, Kreativität, Regeneration. Genau dafür brauche es interdisziplinäre Zusammenarbeit – zwischen Design, Forschung und Baupraxis. Der Designer Thomas Lykke vom Kopenhagener OEO Studio brachte es auf den Punkt: „Licht und Schatten sind wie Geschmack im Essen – ohne Kontraste wird alles fade.“

Umbau mit Tageslichtstrategie 

Dass diese Prinzipien in der Praxis ankommen, zeigt das Projekt Pas Normal Studios. OEO Studio verwandelte eine ehemalige Fabrikhalle in Kopenhagen in ein offenes, modernes Büro für eine junge, sportaffine Marke. „Wir wollten einen Ort schaffen, der aktiviert – nicht ermüdet“, so Lykke. Große Dachflächenfenster sorgen heute für eine natürliche Lichtdramaturgie im Tagesverlauf. „In einem dunklen Raum wird man automatisch müde“, sagt Lykke. „Tageslicht bringt Energie, Kreativität, Wohlbefinden.“ Das Projekt zeigt, wie durch bewusste Umnutzung, gezielte Lichtführung und gute Gestaltung neue Qualitäten entstehen – ohne Abriss oder radikalen Neubau.

46-216647020

Living Places Copenhagen zeigen, wie Tageslicht, Holz und durchdachte Architektur das Raumklima  verbessern können. 

Wie gesundes Bauen geht 

Einen Schritt weiter geht das Projekt Living Places Copenhagen – ein Prototyp für gesunde, nachhaltige Wohnarchitektur, entwickelt von Velux, Effekt Architects und weiteren Partnern. Das Ziel: ein Baukonzept, das radikal CO2 einspart, aber zugleich höchste Ansprüche an Raumluft, Licht und Lebensqualität erfüllt. Das Resultat: Die CO2-Emissionen konnten im Vergleich zu konventionellen Neubauten um zwei Drittel reduziert, die Raumluftqualität um das Dreifache verbessert werden. Möglich wurde das durch intelligente Grundrisse, tageslichtoptimierte Fenster, natürliche Belüftung – und eine konsequent naturbasierte Materialwahl.

Die Erkenntnisse aus Kopenhagen machen deutlich: Gesundes Bauen beginnt beim Tageslicht. Architektur hat die Macht, unsere biologische Uhr zu stabilisieren, unsere Stimmung zu heben, unsere Gesundheit zu schützen. „Tageslicht ist Grundvoraussetzung für unser Wohlbefinden“, so Selma Tir. Was es dafür braucht, sind Räume, die uns mit der Natur verbinden.

Kommentare