Ist die Zustimmung aller für das Verlegen eines Glasfaserkabels nötig?

Regelmäßig beantworten unsere Rechtsexperten Anfragen von Lesern zu den Themen Wohnen, Eigentum, Miete und Nachbarschaft. Da geht es um heikle Themen, von der Betriebskostenabrechnung bis zum Mietvertrag, von Nachbarschaftskonflikten bis zu Sanierungsmaßnahmen.
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Der nächste Termin ist übrigens am 25. August 2025, von 10 bis 11 Uhr. Rufen Sie an unter Telefon 05 9030 22337 oder schicken Sie Ihre Frage per E-Mail an immo@kurier.at.
Diesmal hat uns eine Frage erreicht, in der es um die Verlegung eines Glasfaserkabels geht.
FRAGE: Ich bin Wohnungseigentümerin eines Reihenhauses mit sechs Wohnungseigentümern in Wien. Jedem Haus ist ein Grundstück zugeordnet, zu den Grundstücken führt vom gemeinsamen Parkplatz ein gemeinsamer Gehweg. Ein Wohnungseigentümer will für sein Haus Glasfaserkabel verlegen lassen. Dazu müsste man auf dem Weg, der allen Wohnungseigentümern anteilsmäßig gehört, eine Künette graben (30 cm breit, 40-60 cm tief).
Die anderen fünf Wohnungseigentümer sind dagegen, da sich der Weg im Laufe der Jahre verdichtet hat (Kies, Sand, kein Beton) und durch das Aufgraben möglicherweise eine Senkung entstehen könnte. Ist es möglich, dass das Glasfaserkabel ohne unser Einverständnis verlegt wird, bzw. benötigt er die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft, da es sich um eine bauliche Veränderung handelt?
Nicole Neugebauer-Herl: Grundsätzlich bedürfen bauliche Änderungen in einem Wohnungseigentumsobjekt, die auch mit Änderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft einhergehen, der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Würde Ihr Nachbar daher ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer den Gehweg zur Verlegung des Glasfaserkabels aufgraben lassen, können Sie sich dagegen mit Unterlassungs- und Wiederherstellungsklage zur Wehr setzen.
Der änderungswillige Wohnungseigentümer kann die fehlenden Zustimmungserklärungen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ersetzen lassen. Er hat dann nachzuweisen, dass die gewünschte Änderung entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder seinem wichtigen Interesse dient.

Nicole Neugebauer-Herl ist Rechtsanwältin und spezialisiert auf Wohn- und Baurecht.
In § 16 WEG werden bestimmte bauliche Änderungen insofern „privilegiert“, als die übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung nicht verweigern dürfen.
Privilegierte bauliche Änderungen
Dazu zählen zum Beispiel die Einbeziehung oder der Einbau einer Wasserentnahmestelle oder eines Klosetts in das Innere des Wohnungseigentumsobjekts, die Errichtung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernsprechleitungen, Beheizungsanlagen und ähnlichen Einrichtungen sowie die barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft aber auch die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs, einer Photovoltaikanlage am Balkon oder an der Terrasse zur Versorgung des Wohnungseigentumsobjekts sowie von nach dem Stand der Technik notwendigen Einrichtungen für den Rundfunkempfang und den Empfang digitaler Dienstleistungen, sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
In Ihrem Fall würde das Gericht daher prüfen, ob die Verlegung des Glasfaserkabels zum Empfang digitaler Dienstleistungen notwendig ist oder dem änderungswilligen Wohnungseigentümer andere technische Möglichkeiten für einen Internetzugang offenstehen.
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