Benötigt eine Widmungsänderung die Zustimmung aller Miteigentümer?

Wohnhausanlagen mit grüner Wiese
Welche Mehrheit es für eine Widmungsänderung braucht, erklärt eine Wohnrechtsexpertin.

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Diesmal hat uns eine Frage erreicht, in der es um das Betretungsverbot der gemeinsamen Grünfläche geht. 

FRAGE: Ich bin Wohnungseigentümerin in einem Mehrparteienhaus mit  großer Wiese. Diese wird nicht genützt, weil seit Jahren  kommuniziert  wird, dass sie nicht zu benutzen ist. In der Hausordnung aus 2017 (dem Jahr meines Kaufs) findet sich dazu nichts. 

Nun wurde von einem Miteigentümer eine Abstimmung initiiert, um  über ein Betretungsverbot für die Wiese abzustimmen, um das in die Hausordnung aufzunehmen. Der Beschluss wurde mit Mehrheit gefasst. Erfordert  die  Änderung der Nutzungsbestimmungen nicht eine  Zustimmung aller Eigentümer? 

Sigrid Räth: Eine Widmungsänderung eines Teils der allgemeinen Fläche braucht die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer. Ob in dem Fall eine Widmungsänderung vorliegen würde, ist eine Auslegungsfrage im Einzelfall. Gegen Bestimmungen der Hausordnung, die Miteigentümer beeinträchtigen, kann jeder Miteigentümer das Bezirksgericht im Verfahren Außerstreitsachen anrufen und beantragen, dass die ihn beeinträchtigende Bestimmung aufgehoben wird. 

Die Festlegung, dass allgemeine Teile der Liegenschaft nicht benutzt werden dürfen, übersteigt meines Erachtens den Umfang der Hausordnung und  ich sehe daher gute Chancen bei einer entsprechenden Anfechtung dieser neu beschlossenen Hausordnung.

46-216780799

Sigrid Räth ist Rechtsanwältin und berät auch im Auftrag der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

 Darüber hinaus wäre es vielleicht zweckmäßig gewesen, den Mehrheitsbeschluss zur Änderung der Hausordnung anzufechten, weil es sich dabei um eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung handelt, wenn allgemeine Teile der Liegenschaft der Benützung entzogen werden sollen. 

Die Anfechtungsfrist dafür hätte drei Monate (bei nicht gehöriger Verständigung sechs Monate) ab Verlautbarung des Beschlusses betragen.

Für Beschlussanfechtungen in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung gibt es eine Beschlussanfechtungsfrist von einem Monat ab Verlautbarung des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist können formale Mängel und insbesondere auch das Fehlen der Mehrheit geltend gemacht werden. Werden Beschlüsse innerhalb dieser Fristen nicht angefochten, so „heilen“ diese, sodass eine spätere Beschlussanfechtung nicht mehr möglich ist. 

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