Welche Entscheidungsbefugnis habe ich mit einem Fruchtgenussrecht?

Viele Hände greifen nach einem Haus:
Welche Rechte Fruchtgenussberechtigte in Bezug auf eine Immobilie haben, erklärt ein Wohnrechtsexperte.

Regelmäßig beantworten unsere Rechtsexperten Anfragen von Lesern zu den Themen Wohnen, Eigentum, Miete und Nachbarschaft. Da geht es um heikle Themen, von der Betriebskostenabrechnung bis zum Mietvertrag, von Nachbarschaftskonflikten bis zu Sanierungsmaßnahmen.
Termin: Jeden zweiten Montag ist unser KURIER-Wohntelefon für Sie erreichbar. 

Der nächste Termin ist übrigens am 20. Oktober 2025, von 10 bis 11 Uhr. Rufen Sie an unter Telefon 05 9030 22337 oder schicken Sie Ihre Frage per E-Mail an immo@kurier.at.

Diesmal hat uns eine Frage erreicht, in der es um die Abgrenzung von Rechten geht. 

FRAGE: Welche Rechte hat ein Mitbewohner im Rahmen einer Wohnungseigentumsgemeinschaft, dem von seinem verstorbenen Ehepartner das Wohnnutzungsrecht und der Fruchtgenuss im Grundbuch eingeräumt wurden? Die Wohnung selbst gehört den Kindern aus einer Vorehe des Verstorbenen. 

Kann er bei Hausversammlungen sowie bei Besprechungen der Gemeinschaft das „große“ Wort führen und sich als Hausvertreter aufspielen? Wie sieht es aus mit dem Mitspracherecht bei Investitionen, Sanierungen, Reparaturen, wenn Mittel aus der Investitionsrücklage verwendet werden bzw. unter Umständen Kredite aufgenommen werden müssen? Das sind doch Agenden, die den Eigentümern zustehen?

Georg Röhsner: Erstreckt sich das Fruchtgenussrecht auf den gesamten, mit dem Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung verbundenen Mindestanteil, kommen dem Fruchtgenussberechtigten nach außen hin – und auch im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern – die Rechte eines Wohnungseigentümers zu. 

Der Fruchtgenuss- Berechtigte tritt (auch) in den Angelegenheiten der Hausverwaltung an die Stelle des Wohnungseigentümers und nimmt daher regelmäßig an dessen Stelle an der Willensbildung in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung teil. Ihm und nicht dem Wohnungseigentümer kommt die Ausübung des Stimmrechts zu.

46-148755913

Georg Röhsner ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Eversheds Sutherland. 

Ausnahmen können – zumindest nach Meinungen in der juristischen Fachliteratur – bei Beschlüssen über bauliche Maßnahmen, die die Erhaltungsverpflichtungen des Fruchtgenussberechtigten gemäß §§ 28 und 513 ABGB übersteigen sowie bei Widmungsänderungen oder Veräußerungen von allgemeinen Teilen bestehen. In diesen Fällen bleibt das Stimmrecht beim Eigentümer des belasteten Anteils. Ob eine solche Ausnahme in Ihrem Fall – insbesondere bei einer größeren Kreditaufnahme der Eigentümergemeinschaft – zutrifft, müsste man im Einzelfall prüfen. Diese Rechte gelten aber jedenfalls nur für den Fruchtgenuss-Berechtigten. Ein bloßes Wohnrecht wird dafür nicht ausreichen.

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