Bauträger im Interview: Ist leistbares Wohnen noch realisierbar?

Wohnbau, Wohnhaus, Wohungen, Immobilien
Wohnen wird immer teurer, für manche sogar unleistbar. Vor welchen Herausforderungen der geförderte Wohnbau steht, erklären gemeinnützige Bauträger.

Wohnen wird immer teurer. Das leistbare Wohnen steckt in Österreich scheinbar in der Krise. Der KURIER hat bei gemeinnützigen Bauträgern nachgefragt.

Das sagt Isabella Stickler, Obfrau der Alpenland, gemeinnützige Bau-, Wohn- u. Siedlungsgenossenschaft:

Ist leistbares Wohnen in der Krise? 
Leistbares Wohnen steht zunehmend unter Druck –  nicht nur im gemeinnützigen Bereich. Die massiv gestiegenen Baukosten, die hohen Finanzierungskosten durch das aktuelle Zinsniveau sowie Teuerungen bei Grund und Materialtreffen alle Marktteilnehmer. Gleichzeitig wächst der Bedarf an kostengünstigem Wohnraum stetig, vor allem in urbanen und wachstumsstarken Regionen. Hinzu kommt, dass sich der Zeitraum vom Grundstücksankauf bis zum tatsächlichen Baubeginn verlängert. Das bindet Kapital, erhöht die Kosten und gefährdet in Einzelfällen die Realisierbarkeit. Gerade für gemeinnützige Bauträger, die in Jahrzehnten denken müssen, ist Rechtssicherheit essenziell.

Was braucht es?
Es  braucht ein Zusammenspiel von öffentlicher Unterstützung, Bereitstellung von Grundstücken und  schnelleren Genehmigungen.

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Isabella Stickler ist Obfrau der Alpenland, gemeinnützige Bau-, Wohn- u. Siedlungsgenossenschaft

Hannes Stangl, Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter der SOZIALBAU AG, sagt:

Ist leistbares Wohnen in der Krise?  
Das würde ich so nicht sagen. Die Fertigstellungszahlen im freifinanzierten Sektor sind viel stärker rückläufig als die im gemeinnützigen und kommunalen Wohnbau. In Wien wurde auch, mit der Anpassung der Wohnbauförderung, auf die Baukostensteigerungen und hohen Zinsen rechtzeitig reagiert.  
Die Mieten sind deutlich unter Marktniveau und stiegen vergleichsweise auch deutlich gedämpfter an als im privaten, frei finanzierten Wohnungsmarkt. Die größte Herausforderung sind bebaubare Grundstücke zu erschwinglichen Konditionen.

Was braucht es? 
Hilfreich wären kürzere Verfahrensdauern – von der Widmung bis zur Bewilligung. Ein Wohnbaukonjunkturpaket, wie von der Bundesregierung in Aussicht gestellt, würde auch zu einer Ankurbelung der Neubauleistung beitragen.

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Hannes Stangl, Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter der SOZIALBAU AG

Das sagt Christian Rädler, Vorstand der WET Gruppe, ein gemeinnütziger Bauträger in Niederösterreich:

Ist leistbares Wohnen in der Krise? 
Gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Herausforderungen ist es entscheidend, den geförderten Wohnbau nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Situation insbesondere bei den gemeinnützigen Bauträgern ist alles andere als einfach. Hohe Zinsen, wirtschaftliche Unsicherheiten und knappe öffentliche Budgets belasten die Branche.

Was braucht es?
Um der Entwicklung wirksam entgegenzutreten, braucht es ein klares politisches Bekenntnis zum geförderten Wohnen, nicht nur mit Blick auf leistbare Mieten, auch auf das leistbare Bauen. Denn nur wenn Errichtungskosten tragbar sind, bleiben Mieten leistbar. Ein Schwerpunkt muss auf dem Gebäudebestand liegen: Sanierungen werden eine zentralere Rolle spielen. Dafür braucht es Modelle, die ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sind.

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 Christian Rädler ist Vorstand der WET Gruppe.

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