Schöne Schaufenster: Wie Zeichnungen den Straßenraum beleben

Schaufenster eines Grafikbüros in Wien Hernals. Die Illustratorin Nadine Kappacher zeichent mit Kreidestiften auf das Glas
Mit fantasievollen Schaufensterbildern gelingt es Illustratorin Nadine Kappacher, die Erdgeschoßzone zu beleben und Auslagen in Szene zu setzen.

Das Erdgeschoß, die sogenannte Sockelzone, ist für den Charakter einer Stadt prägend und dadurch so etwas wie die Visitenkarte eines Grätzels. Der Bereich im Erdgeschoß bildet den Übergang zwischen öffentlichem und privatem Raum. 

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Schaufenster eines Fahrradgeschäfts

Hier treffen Geschäftstreibende mit Kunden zusammen, hier wird im Idealfall flaniert, geschaut, geplaudert und konsumiert. Dieser Bereich ist jener, den Fußgänger und Radfahrer von einer Straße wahrnehmen – im positiven wie im negativen Sinne.

Eine, die etwas für die Attraktivität der Fenster zur Stadt tut, ist die Illustratorin Nadine Kappacher. Sie gestaltet Schaufensterbilder – und macht mit liebevoll in Szene gesetzten Pflanzen, Tieren, Häusern und mehr die Auslage eines Geschäfts zur Bühne für ihre Kunst.

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Von Nadine Kappacher gezeichneter Schlafvogel.

Die Spiegelung der Architektur lässt das Kunstwerk wirken

Die Bandbreite ist groß und die Kunstwerke entfalten durch Spiegelungen der umliegenden Gebäudearchitektur und des Straßenraums eine besondere Wirkung. Der KURIER war dabei, wie sie in Wien-Hernals für das Render Büro Lightstoff, ein Grafikbüro, die bereits vorhandene Gestaltung auffrischte. 

Geschäftsführer Matthias Gschwandtner hat mit der Illustratorin überlegt, wie man dem Kunstwerk in den Schaufensterkästen in einem nächsten Termin das gewisse Etwas verleihen könnte. „Vielleicht eine zusätzliche Farbe“, schlug Kappacher vor. Was genau bei diesen Schaufenstern verändert wird, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Schaufensterbilder: Wie alles begonnen hat

Zum Gestalten von Schaufenstern kam die Illustratorin durch Zufall. Sie hat für eine Feier etwas auf das Atelierfenster geschrieben und gezeichnet – und wurde darauf angesprochen, ob sie das auch im größeren Stil machen würde. Mit einem Fahrradgeschäft hat es begonnen, damals noch im Tauschgeschäft für eine Reparatur ihres Fahrrads.

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Großes Schaufenster mit themenspezifischer Gestaltung für Optik Jäckel am Reumannplatz.

Heute ist sie gut im Geschäft. Mit ihren Illustrationen gelingt es, viel Aufmerksamkeit zu erregen. Folgeaufträge kommen zustande, weil ihre Fensterbilder wahrgenommen werden. Vor allem Kinder bleiben oft stehen und beobachten, welche neue Welt sie gerade entwirft. „Beim jeweiligen Motiv gibt es selten Wünsche“, so Kappacher. Häufiger geht es darum, ein Thema mit einzubeziehen. 

Ein Beispiel dafür sind lange Haare bei einem Friseur oder eine Brille bei einem Optiker. Das Ziel ist es in jedem Fall dasselbe: ein Hingucker sein, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Illustratorin hat auch bereits mit einer Schaufensterdekorateurin zusammengearbeitet.

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Beim Gestalten eines Schaufensters für eine Apotheke.

2024 wurde ihre Art der Illustration ausgezeichnet. Sie hat beim Ottakringer Kunstpreis einen Anerkennungspreis für ihre Fensterbilder erhalten.

So entstehen die Schaufensterbilder

Kappacher setzt ihre Bilder mit Kreidefarben um, die eigentlich für Holzmöbel gedacht sind, sowie Kreidestiften. Für ihre Arbeit fertigt sie eine exakte Skizze an und braucht ein Foto vom zu gestaltenden Schaufenster. Die Illustratorin entwirft das spätere Bild im Photoshop am Computer. 

„Dann drucke ich es mir aus und hänge es mir auf, damit ich beim Umsetzen die genauen Abstände kenne“, so Kappacher. Vor Ort malt sie dann auf die Innenseite des Fensters mit Stiften, Rollen und Pinseln.

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Die Illustratorin und das von ihr gestaltete Schaufenster

Die Farbe ist nahezu geruchslos und in kurzer Zeit ausgehärtet. Zuerst werden die Konturen gezeichnet, anschließend malt sie die Flächen mit Rollen aus. „Dann wende ich Kratz- und Wischtechniken an“, erzählt sie. Dabei wird ein Teil der Fläche wieder weggenommen, so entsteht das jeweilige Bild.

Spiegelungen der Architektur

Diese Schaufensterbilder sind Kunstwerke, die man nicht auf einen Blick in ihrer Dimension erfassen kann. Durch Spiegelungen und Schatten verändert sie sich je nach Lichteinfall – sowohl für den Betrachter vor dem Geschäft, wie auch in den Räumen selbst „Die Sonne kommt herein und wirft die Bilder in den Raum“, beschreibt Kappacher.

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Neben Schaufenstern gestaltet die Illustratorin auch Räume, wie hier in einem Hotel in Tirol (Naturhotel Aufatmen in Leutschach).

Was so ein Fensterbild kostet? Der Tagessatz liegt bei ca. 900 bis 1000 Euro, das Material sowie Vorarbeiten sind dabei inkludiert. Wie lange das Kunstwerk hält? „Mindestens eine Saison“, so die Schaufenstergestalterin, „wenn man möchte auch jahrelang.“

Die Illustration bleibt jedenfalls so lange unbeschadet, bis das Fenster von innen geputzt wird. Allerdings lässt sich das Fenster problemlos mit einem trockenen Tuch abstauben und vorsichtig reinigen – solange kein Wasser verwendet wird.

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