Aufsteigende Feuchte: Ein unterschätztes Risiko für das Zuhause

Familie M. aus Niederösterreich stand vor einem unerwarteten Problem: Die Wände im Keller waren klamm, Möbel fingen an zu schimmeln und der muffige Geruch war kaum zu ertragen. Jahrelang versuchten die Besitzer es mit Entfeuchtern, Lüften und neuen Anstrichen – ohne Erfolg. Erst eine professionelle Analyse brachte die Ursache ans Licht: aufsteigende Feuchte im Mauerwerk. „Solche Fälle sehen wir häufig“, berichtet Christian Zido, Eigentümer von Renodry. „Ohne eine nachhaltige Abdichtung bleibt der Keller nie wirklich trocken“.
Was viele Hausbesitzer nicht wissen: Es dauert oft Jahrzehnte, bis ein Mauerwerk sich „vollsaugt“. „Oft hören wir, die vergangenen 20 Jahre hatten wir keine Probleme! Plötzlich ist es nass’“, so der Experte. „Nein, es ist nicht plötzlich. Irgendwann steigt die jahrelange Feuchteansammlung innerhalb von Wochen sprunghaft an.“
In Österreich sind feuchte Keller keine Seltenheit. Nach Einschätzung von Sanierungsfirmen ist mehr als die Hälfte der älteren Gebäude betroffen. Helfried Rittner, geschäftsführender Inhaber der Trosecc, warnt: „Feuchtigkeit im Keller führt langfristig zu Schimmel, zum Wertverlust der Immobilie und gefährdet die Gesundheit.“

Feuchte, Schimmel und Hausschwamm im Mischmauerwerk gefährdeten die Bausubstanz.
Die Ursachen sind vielfältig. Bei vielen Altbauten fehlt eine funktionierende Horizontalsperre, Drainagen können über Jahrzehnte verstopft sein. Auch Kondenswasser durch falsches Lüften sorgt für Probleme. „Die meisten unterschätzen den Einfluss von Feuchtigkeit. Wenn sich Putz abzulösen beginnt oder ein modriger Geruch auftritt, ist das ein klares Alarmsignal“, betont Rittner. Die Grundregel: „Feuchtigkeit sollte man niemals einsperren“, so Zido. „Je atmungsaktiver, je natürlicher die verwendeten Putze und Farben sind, umso besser.“
Zuerst Diagnose, dann Behandlung
Die Sanierung beginnt mit einer Diagnose. Dabei wird geprüft, ob es sich um aufsteigende Feuchte, seitlich eindringendes Wasser, Kondensat oder hygroskopische Feuchte, verursacht durch die im Mauerwerk vorhandenen Bausalze, handelt.
„Erst die richtige Bestandsaufnahme entscheidet über die Methode“, sind sich die Experten einig. Zido: „Wir setzen auf den Spezial-Entfeuchtungs-Putz aerius FP310 basierend auf antikem römischen Mörtel. Dieser Putz ist seit Jahrzehnten im Einsatz und hat eine nachweisliche Haltbarkeit von über 40 Jahren unter schwierigsten Bedingungen.“ Sogenannte Injektagen, also das Einpressen von Harzen oder Silikaten ins Mauerwerk, um eine Sperrschicht gegen aufsteigende Feuchtigkeit zu schaffen, stoßen in stark durchfeuchteten oder heterogenen Mauern an ihre Grenzen. Rittner: „Eine Innenabdichtung ist vorzuziehen, wenn die Kellerwand von außen nicht oder schwer zugänglich ist, wenn es unwirtschaftlich wird durch hohe Grabungskosten oder bei modernen Betonkellern“.

VORHER: Feuchter, alter Keller in Graz.
Bewährt haben sich auch mineralische Abdichtungen oder abgestimmte Putzsysteme. Eine reine Oberflächenbehandlung reicht jedenfalls nicht aus. Sie verdeckt die Feuchtigkeit nur, anstatt sie zu stoppen.
Besonders heikel sind Fälle, wo drückendes Wasser von außen ansteht, etwa in Hanglagen oder bei hohem Grundwasserspiegel. Dann kann es notwendig sein, Kellerwände von außen freizulegen und mit mehrschichtigen Abdichtungen sowie manchmal auch mit (neuen) Drainagesystemen zu versehen.
Neben der Bausubstanz steht die Gesundheit im Vordergrund. „Viele Menschen merken gar nicht, dass ihre Beschwerden mit der Feuchtigkeit im Haus zusammenhängen“, so die Profis. Umso wichtiger sei es, frühzeitig professionelle Hilfe zu holen.

NACHHER: ein schöner Wohnkeller, ein Abdichtungsprojekt das einen Bau-Wettbewerb gewonnen hat.
Und was können Eigentümer selbst tun? Regelmäßig kontrollieren, ob sich feuchte Stellen oder Ausblühungen (Ablagerungen von Salzen) bilden, im Sommer nur nachts lüften, Dachrinnen und Drainagen freihalten. „Vor allem aber: keine Zeit verlieren“, betont Rittner. „Je früher man handelt, desto geringer sind die Kosten.“ Die Investitionen beginnen zwar oft im vierstelligen Bereich, sind aber gut angelegt. Denn ein trockener Keller schont auch die Nerven.
Spezielle Putze im Einsatz
Moderne Technologien erweitern das Repertoire. Aerogelbasierte Putze etwa, also ultraleichte Hightech-Materialien mit winzigen Luftporen, kombinieren enorme Dämmwirkung mit hoher Diffusionsfähigkeit, sodass Kellerräume wieder als Wohn- oder Hobbyräume genutzt werden können. Allerdings sind Aerogelputze teuer. Sie haben dort ihre Berechtigung, wo Dämmplatten nicht erlaubt sind, etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden. Rittner: „Bei uns kommt außerdem eine diffusionsoffene Innenabdichtung zum Einsatz, die Feuchtigkeit puffern kann, ohne die Wand zu schädigen.“ Sein Tipp: „Als Innovation in Österreich, aber weltweit länger bewährt, verwenden wir einen mineralischen Spezialputz (Izonil), der bis 1 bar druckwasserdicht ist, aber auch als Dämmung bis fünf Zentimeter innen aufgebracht werden kann.“
Das sind die häufigsten 5 Irrtümer, wenn es um die Beseitigung von Schimmel geht.
- „Luftentfeuchter reicht.“
Er lindert nur Symptome, die Feuchteursache bleibt. - „Neuer Anstrich stoppt die Nässe.“
Falsch: Feuchtigkeit kommt meist von außen (drückendes Wasser, aufsteigende Nässe). Ohne bauliche Abdichtung ist jede Farbe oder Beschichtung nur Kosmetik. - „Viel Lüften hilft.“
Im Sommer führt warme Außenluft zu Kondensation an den kalten Kellerwänden – das Problem wird schlimmer. Effektiv ist nur kontrolliertes, jahreszeitlich angepasstes Lüften oder technische Entfeuchtung. - „Schimmel kann man einfach abwischen.“
Ohne Trocknung und Abdichtung kehrt er bald wieder zurück. - „Drainage ist immer die Lösung.“
Nicht in jedem Fall. Bei hohem Grundwasserspiegel oder nicht bzw. schlecht wasserdurchlässigem Boden sind andere Verfahren wie Injektionsabdichtungen oder Negativabdichtungen zielführend.
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