Immo-Experten klagen: „Die Politik will nicht zuhören“
 
            
            Die heimische Immobilienbranche kommt nicht zur Ruhe. Nach schwierigen Jahren infolge von starker Teuerung, gestiegenen Zinsen für Darlehen gepaart mit einer strengeren Kreditvergaberichtlinien (KIM-Verordnung) und einem konjunkturellen Stillstand im Land sollte es langsam wieder bergauf gehen. Doch dem sei nicht so, lauteten die Klagen bei der Herbstkonferenz der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) in der Vorwoche in Wien. Schuld wurde der Bundesregierung gegeben.
Im Fokus stand vor allem die neue Mietpreisbremse. Nachdem bereits die Erhöhung der Richtwertmieten erneut gedeckelt wurde, führt die Dreierkoalition ab 2026 auch einen Deckel für den freien Wohnungsmarkt ein. Demnach darf bei einem Verbraucherpreisindex (VPI) von mehr als drei Prozent die Miete nur noch zur Hälfte des darüber liegenden Anstiegs erhöht werden.
„Das würde bei einem VPI von fünf Prozent die Erträge in dem betreffenden Jahr um ein Prozent schmälern“, rechnete Iris Kainz, Leiterin der Sicherheitsbewertung der Volksbank Wien sachlich vor. Umso länger die Laufzeit eines Mietvertrags, desto höher würde infolge der Entgang von Einnahmen und die Abwertung einer Immobilie ausfallen. Allerdings, so schränkte die Expertin ein, wäre diese Drei-Prozent-Grenze in den vergangenen 30 Jahren nur fünf Mal überschritten worden. Sei dies auch künftig so, bliebe der Minderertrag überschaubar. Jedoch habe die Bremse Auswirkungen auf die Bewertung von Sicherheiten und führe zu einer Verunsicherung bei Investoren.
Isabella Stickler, Bundesobfrau der ARGE Eigenheim Österreich, beklagte, dass mit dem Gesetz die Komplexität des Mietrechts noch einmal gesteigert werde und zu mehr Gerichtsprozessen führen werde. „Es wäre gescheiter, den Markt arbeiten zu lassen.“
 
            
            
            Herbstkonferenz der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler
„Unrechtsstaat“
VÖPE-Präsident und nxt real estate-CEO Andreas Köttl sprach im Zusammenhang mit der neuen Preisbremse von einem Eingriff in bestehende Verträge und einem „Unrechtsstaat“. Das Feedback auf der vor Kurzem abgehaltenen Immobilienmesse in München sei „katastrophal“ gewesen.
Betroffen ist auch die Bundesimmobiliengesellschaft BIG und ihre Tochter ARE. Die Bremse führt bei dem Konzern zu einem negativen Bewertungseffekt von über 1 Milliarde Euro, der sich schon im ersten Halbjahr 2025 zeigte. Der Gewinn brach von 513,4 Millionen auf 85,4 Mio. Euro ein. „Wir hatten eine solche Bremse schon 2018, damals hieß es einmalig“, sagte VÖPE-Präsidiumsmitglied und ARE-Chef Gerald Beck. Die Abwertung von einer halben Milliarde Euro habe man aufgrund einer damals positiven Marktentwicklung verdaut. Während der Pandemie habe es unter Türkis-Grün einen weiteren Versuch gegeben, doch diesen habe die BIG in Verhandlungen abwenden können. Dieses Mal nicht. „Wir wurden nicht gehört. Zum Schaden der Republik“, so Beck, der eine Verschlechterung des Ratings der Gesellschaft fürchtet. Die Regulatorik könne das Naturgesetz von Angebot und Nachfrage nicht nachhaltig beeinflussen. „Wir steuern auf eine extreme Wohnbau-Verknappung zu. Die Preise werden massiv steigen.“ 
BIG-Aufsichtsratspräsidentin Christine Catasta verwies darauf, dass der Bund nun deutlich weniger Dividende zu erwarten habe (Vorjahr 204 Mio. Euro). „Die Politik hat nicht mitgedacht, was das für den Bund bedeutet. Sie will nicht zuhören.“
 
            
            
            Christine Catasta (Aufsichtsratspräsidentin BIG) und Gerald Beck (Geschäftsführer ARE).
Gelangweilte Baupolizei
Strabag-Vorstand Markus Engerth beklagte die Rechtsunsicherheit und die langen Verfahrensdauern. Er forderte „klare Fristen, auf die wir uns verlassen können. Ausländische Investoren stecken ihr Geld lieber woanders hin“. In den vergangenen zwei Jahren habe es um 50 Prozent weniger Baugenehmigungen gegeben. Der Baupolizei müsse relativ fad sein. Dennoch müssten Projektbetreiber noch immer genauso lange warten wie zuvor.
Claudia Brey, Chefin der ÖBB Immobilienmanagement GmbH, sprach sich für eine Abrüstung der Sprache aus. Das Wort „Immobilienhai“ etwa sei nicht angebracht. Mehr Respekt in der Kommunikation und mehr wechselseitiges Verständnis sei wünschenswert. Dem schlossen sich u. a. Politikberater Thomas Hofer, der die Keynote hielt, sowie Arwag-Vorstandschef Thomas Drozda, Manfred Haimbuchner, Landeshauptmann-Stellvertreter und Wohnbaureferent der oberösterreichischen Landesregierung, und Walter Rosifka, Teamleiter Wohnen der Arbeiterkammer Wien, an.
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