Innovation bis Notwendigkeit: Österreichs Fertighäuser im Wandel

Seit dem Nachfrageboom während der Pandemie ist der Wohnungsneubau – und damit auch der Bau von Fertighäusern – eingebrochen. Die Gründe sind bekannt: Hohe Inflation, Zinsanstieg und die Schwierigkeiten, einen Kredit zu bekommen (KIM-Verordnung). Den Einbruch beziffert Christian Murhammer, Geschäftsführer des österreichischen Fertighausverbands, mit „um die 40 Prozent“.
Mittlerweile habe sich der Trend umgekehrt, „wir sind wieder auf Vor-Corona-Niveau. Ein Anzeichen, dass es wieder bergauf geht“, so der Experte. Dennoch hat sich einiges geändert. „Der Trend, aufs Land zu ziehen, ist nicht mehr so ausgeprägt“, sagt Daniel Knuchel, Equity Partner des Beratungsunternehmens Advicum Consult. Denn: „Das frei stehende Einfamilienhaus ist für einen großen Teil der Bevölkerung nicht mehr leistbar."

Mehrgeschossiger Wohnbau aus Holzfertigbauweise im niederösterreichischem Steinabrückl.
Für den Bau eines durchschnittlichen 150-Quadratmeter-Hauses müssen heute ca. 235.000 Euro mehr bereitgestellt werden als vor fünf Jahren, zeigt ein Rechenbeispiel aus der aktuellen Fertighaus-Studie von Advicum. Die Branche verändert sich, auch das Produktportfolio der Hersteller. Im Bereich Einfamilienhaus wird jetzt kleiner gebaut. Das ist laut Murhammer der Preisentwicklung geschuldet.
Aber es entstehen auch mehr verdichtete Lösungen, Um- und Aufbauten. „Gefragt sind 100 bis maximal 150 Quadratmeter Wohnfläche für Familien, aber auch für Silver Agers, diese bevorzugen barrierefreie Bungalows“, so Knuchel. Er beobachtet, dass die Menschen wieder vermehrt Wohnungen und Häuser kaufen. Und ist überzeugt: „Der Bauboom kommt erst, wenn wir unter zwei Prozent Zinsen fallen.“

Kindergarten in Echsenbach im Waldviertel, mit neuem Zubau
Die Modulbauindustrie entwickelt sich unterdessen weiter, in Richtung verdichtete Bauweise, Reihen- und Doppelhäuser, Aufstockungen, Büros, kleine Hotels. Die industrielle Vorfertigung von möglichst großen Bauteilen lasse sich schließlich überall einsetzen. Momentan extrem gefragt: „Kindergärten, weil das verpflichtende zweite Kindergartenjahr kommt“, so Murhammer.
Daher würde in vielen Gemeinden an- und ausgebaut. So gibt es allein bei der Einreichung für den niederösterreichischen Holzbaupreis 15 Kindergarten-Projekte. Eine echte Nische für die Branche. „Viele Hersteller haben mittlerweile Schwesterunternehmen, die sich ausschließlich darum kümmern“, so Murhammer.
An anderer Stelle gibt es mehr Hürden: „Ich kenne viele Fälle, da geht es sich mit der Bauordnung nicht aus“, kritisiert Murhammer. „Wir wünschen uns mehr Flexibilität.“ Niederösterreich unternehme bereits einen Vorstoß in diese Richtung, die Bauordnung zu adaptieren. Auch das Widmungsthema schaffe Hürden, etwa wenn im Garten eines Einfamilienhauses kein zweites Haus errichtet werden kann.
Die Branche widmet sich auch dem wachsenden Sanierungsgeschäft und beschäftigt sich mit der seriellen Sanierung. Aus den Baustoffen von drei Fertighäusern, die demontiert werden, entsteht ein neues Haus. Daran wird in Zusammenarbeit mit der TU Wien geforscht.
Die KI hilft dabei, den Kostendruck in den Griff zu bekommen, so Knuchel. Dabei gehe es um optimierte Grundrissplanung, das Bauen mit Rastern. Hier gebe es „riesige Chancen für die Fertigung“, so Knuchel. Er weist darauf hin, dass bei vielen Fertighaus-Herstellern immer noch Maschinen im Einsatz sind, die fünfzig Jahre alt sind und erneuert gehören. Murhammer ergänzt: „Von der Innovation Fertigbau haben wir 70 Jahre lang gezehrt, seit den 60er-Jahren, nun braucht es eine neue Innovation.“
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