Architekt Lars Krückeberg ist Gründungspartner von Graft Architects in Berlin. Bei seinem Besuch in Wien – anlässlich des Future Brick Day von Wienerberger – spricht er mit dem KURIER über Neugier in der Architektur, Künstliche Intelligenz und die Städte der Zukunft.
KURIER: Sie bezeichnen Ihr Unternehmen als hybrides Büro. Was verstehen Sie darunter? Lars Krückeberg: Wir sind einerseits ein klassisches Architekturbüro, das Aufträge annimmt und Architektur für Bauherren, für Städte entwickelt und dafür bezahlt wird. Wir machen aber auch Projekte, die wir selbst erfinden und um deren Finanzierung wir uns kümmern. Wir nennen das „architecture activism“. Man sollte initiativ werden, wenn man Lösungsideen hat und nicht darauf warten, dass jemand einem das Geld dafür aufdrängt, das passiert nämlich nicht.
Lars Krückeberg, Gründungspartner Graft Architects.
Woher kommt diese Sichtweise? Wolfram Putz, Thomas Willemeit und ich haben mit Graft Architects 1998 in Los Angeles gestartet. So wie wir Architektur gedacht haben, war es unmöglich, in der Alten Welt zu praktizieren. An der Westküste war man neugieriger und junge Talente bekamen eher eine Chance. Damals war die Welt offen, erschwinglich, man konnte drei Büros (Los Angeles, Berlin, Peking) gründen mit viel Selbstausbeutung, Neugier und einer großen Portion Mut. Neugier zeichnet Graft Architekten aus, wir stellen immer wieder neue Fragen, bis wir die Richtige gestellt haben, die uns zur Lösung bringt. Als Architekt ist man Problemlöser.
Sehen Sie die Künstliche Intelligenz als Bedrohung oder Unterstützung? Es ist eine Revolution. Jeder kann heute mit KI ein Architekt werden. Man kann sagen: Entwirf mir ein Museum in dieser Größe, im Stil von Zaha Hadid, mit diesen Fenstern. Der nächste Schritt dieser rasanten Entwicklung ist, diese Bilder in 3D zu übertragen. Das passiert gerade. KI ist ein Werkzeug, ein sehr intelligenter Bleistift. Am Ende entscheidet der Architekt. Der erste Entwurf passt nie. Der Computer weiß nicht, was wir wollen. Der hat keine eigenen Ideen. Für den endgültigen Entwurf müssen viele ästhetische Entscheidungen getroffen werden. Die nimmt die Künstliche Intelligenz nicht ab. Dafür braucht man Vorbildung. Am Ende muss es auch bezahlbar sein. Es muss im Baurecht stattfinden. Das kann KI noch nicht. Das Bild ist schnell gemacht, das Gebäude braucht Jahre.
Beim Holistic Living Haus sind die Übergänge von innen nach außen fließend.
Sie haben in Berlin Holistic Living Häuser gebaut. Was zeichnet diese aus? Bei der Planung und Konstruktion wurde großer Wert auf nachhaltiges Bauen und die Verwendung ökologischer Baustoffe gelegt. Die drei Holzbauten sind energieautark. Der Überschuss kann etwa zum Laden des E-Autos verwendet werden.
Die Baumaterialien wurden über ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet, von der Gewinnung und Verarbeitung, über die Nutzung, Pflege und Veränderbarkeit bis hin zum Abriss und die Entsorgung bzw. Wiederverwendung. Natürliche Materialien wie Holz sorgen für gutes Raumklima und unterstützen die Wohngesundheit. Die Verwendung von Lehmputz im Treppenaufgang und in der oberen Etage trägt zur verbesserten Feuchteregulierung in den Häusern bei. Durch die deckenhohe Verglasung im Erdgeschoß entsteht eine größtmögliche Transparenz zwischen Innen und Außen.
Der Hyperloop soll in Hamburg eine Teststrecke bekommen. Die Stationen sind ein Entwurf von Graft Architects.
Sie wollen Zukunft gestalten. An welchem Projekt arbeiten Sie gerade? Wir dürfen bei der Entwicklung des Hyperloop mitwirken. Das ist eine Magnetschwebebahn in der Vakuumröhre, schneller, leiser als die normale Bahn. Eine Referenzstrecke soll in den nächsten drei Jahren in Hamburg gebaut werden. Der Hyperloop baut auf einer bestehenden Infrastruktur auf. Er wird auf Stelzen auf dem Mittelstreifen der Autobahn errichtet. Rund um die Umsteigeknoten entstehen die neuen Städte von morgen.
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