Der Hang des Nachbarn droht, abzurutschen. Wer haftet?

Regelmäßig beantworten unsere Rechtsexperten Anfragen von Lesern zu den Themen Wohnen, Eigentum, Miete und Nachbarschaft. Da geht es um heikle Themen, von der Betriebskostenabrechnung bis zum Mietvertrag, von Nachbarschaftskonflikten bis zu Sanierungsmaßnahmen, von Gartenthemen bis zur Lärmbelästigung.
Jeden zweiten Montag ist unser KURIER-Wohntelefon für Sie erreichbar.
Der nächste Termin ist übrigens am 11. August 2025, von 10 bis 11 Uhr. Rufen Sie an unter Telefon 05 9030 22337 oder schicken Sie Ihre Frage per E-Mail an immo@kurier.at.
Diesmal hat uns eine Frage erreicht, in der es um eine verfaulte Stützmauer geht.
FRAGE: Mein Nachbar hat seinen Hang mit einer Stützmauer aus Holzbalken abgestützt. Die Konstruktion ist nach 30 Jahren verfault. Ich fürchte, dass der Hang auf meinen Grund rutscht. Soll ich ihn schriftlich auffordern, dass er sich darum zu kümmern hat? Wer muss räumen, wenn etwas herüberfällt?

Julia Fritz ist Partnerin und Immobilienrechtsexpertin bei PHH Rechtsanwälte.
Am KURIER Wohntelefon gab diesmal Rechtsanwältin Julia Fritz Auskunft. Sie hat folgende Rechtsantwort:
ANTWORT: Gemäß § 364 ABGB darf niemand seinen Nachbarn über das „zulässige Maß“ hinaus beeinträchtigen. Dazu zählen aktive Einwirkungen wie Lärm ebenso wie passive Einwirkungen, wie das Herabrutschen eines Hanges. Verfällt eine zur Hangsicherung errichtete Stützmauer und besteht dadurch die konkrete Gefahr, dass Erdreich auf das Nachbargrundstück abrutscht, trifft den Eigentümer des Hanges die Pflicht, rechtzeitig geeignete Sicherungsmaßnahmen zu setzen.
Kommt es infolge unterlassener Instandhaltung zu einem Hangrutsch, liegt eine unzulässige Einwirkung vor. In diesem Fall ist der Nachbar verpflichtet, das fremde Grundstück von dem abgerutschten Material zu räumen und für entstandene Schäden aufzukommen.
Besteht akute Gefahr – etwa durch sichtbare Setzungen oder Witterungseinflüsse –, kann Gefahr in Verzug vorliegen. Dann sind auch kurzfristige Maßnahmen durch Behörden oder im Ausnahmefall durch den gefährdeten Nachbarn selbst denkbar. Eine schriftliche Aufforderung an den Eigentümer des Hanges, die Gefahrenlage zu beseitigen, ist dringend zu empfehlen. So dokumentiert man die Kenntnis des Nachbarn über den mangelhaften Zustand, ermöglicht ihm, seiner Verpflichtung zu Instandhaltung rechtzeitig nachzukommen, schafft eine Grundlage für spätere zivilrechtliche Schritte (z. B. Schadenersatz) und kann im Ernstfall als Nachweis dienen, dass ein Mitverschulden ausgeschlossen ist.
Im Zusammenhang mit möglichen Schadensfällen ist auch die Schadensminderungspflicht von Bedeutung: Geschädigte Nachbarn sind verpflichtet, zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den drohenden oder eingetretenen Schaden möglichst gering zu halten. Dazu zählen etwa die Vermeidung der Nutzung gefährdeter Grundstücksteile und die zeitgerechte Information des Nachbars.
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