Wie der Wifo-Chef die EU im Handelskrieg gegen Trump unterstützte

Symbolbild
„Wir sollten uns für Handelskriege rüsten. Der wirtschaftliche Austausch wird unfreier, das haben wir schon in der ersten Phase Trump erlebt“. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und der deutsche Ökonom und Politberater Martin Braml lassen keinen Zweifel daran, dass die Zeiten härter werden. Handelskriege, geopolitische Blockbildungen zwischen den Demokratien des Westens, dem Globalen Süden und Autarkien, sowie Lieferkettengesetze und ein machtpolitisch motivierter Nationalprotektionismus erschweren den Freihandel immer stärker.
Die Außenhandelsökonomen Felbermayr und Braml theoretisieren nicht im Elfenbeinturm, sondern schöpfen aus praktischen Erfahrungen. Sie berieten im Hintergrund die EU-Kommission, als US-Präsident Donald Trump 2018 Europa nicht länger von Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium ausnehmen wollte. Die EU drohte umgehend mit Zöllen auf Harley Davidson und Erdnussbutter.
„Angriff ist die beste Verteidigung. Es ging darum, den ökonomischen Schaden in die USA zurückzutragen. Freihandel ist nicht einseitig, man muss sich wehren“ argumentieren die Ökonomen. Braml promovierte damals bei Felbermayr am deutschen Ifo-Institut und erhielt den Auftrag, sowohl die US-Handelsdaten als auch jene der EU genau zu analysieren.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr
Überraschendes Ergebnis: Die Daten stimmten nicht überein, was aber rechnerisch hätte der Fall sein müssen. Das Datenwerk der USA wies einen hohen Überschuss für Amerika und ein Defizit für Europa aus. Die EU-Daten zeigten das Gegenteil. Der Grund dafür war, dass in den EU-Zahlen die Dienstleistungen und Digitalisierungsumsätze der US-Tech-Giganten nur teilweise enthalten waren.
Was Trump in den Verhandlungen nicht glauben wollte. Der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte nach der Einigung, die im Rosengarten des Weißen Hauses öffentlich zelebriert wurde, Trump habe diese Zahlen immer in Abrede gestellt, „bis ich ihm beweisen konnte, dass dies die Daten der amerikanischen Statistiker sind, und das Gespräch verlief freundschaftlich“, schildern Felbermayr und Braml in ihrem kurzweilig gehaltenen Buch "Der Freihandel hat fertig".

Martin Braml, Ökonom und Politberater
Die Geheimwaffe Europas bei drohenden Handelskriegen sei Technologieführerschaft, um ein „Gleichgewicht des Schreckens“ herzustellen, meinen die Autoren. Dabei sollte der Westen auf seine Stärken setzen und nicht versuchen, alle Schwächen zu kurieren, sagt Felbermayr im KURIER-Gespräch.
Sehnsuchtsziele
Die EU müsse „strategischer“ werden und mit den anderen westlichen Demokratien eine „Wirtschafts-NATO“ bilden. Als Technologieschild gegenüber den Autokratien. Die Überlegenheit freier Gesellschaften zeige sich „gerade in ihrer Innovationskraft, diese sollten wir weiter ausbauen“.
Zudem arbeite die demografische Entwicklung gegen Autokratien wie Russland und China, die nicht nur wie der Westen unter bedenklich niedrigen Geburtenraten leiden würden, sondern auch unter der Abwanderung vor allem der gut Ausgebildeten.
Die Sehnsuchtsziele der Emigranten dieser Welt seien noch immer die westlichen Staaten. „Wir sollten nicht die Strahlkraft unseres Systems, bestehend aus Demokratie, Rechtsstaat und Marktwirtschaft, unterschätzen und damit der gegen uns gerichteten Propaganda auf den Leim gehen“, resümieren Felbermayr & Braml dann doch zuversichtlich.
Der Titel des Buches ist übrigens ganz bewusst in holprigem Deutsch gewählt und eine Anspielung auf den Sager "Ich habe fertig" von FC-Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni 1998.
"Der Freihandel hat fertig", amalthea Verlag, 272 Seiten, 30 Euro

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