Handels-KV: Was der Abschluss für Beschäftigte und Wirtschaft bringt
Letztlich traf man sich in der Mitte. Überraschend schnell, nach nur drei Verhandlungsrunden, einigten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf 2,55 Prozent mehr Gehalt für die 450.000 Handelsangestellten in Österreich. Zuvor lagen die jeweiligen Angebote bei 2,9 bzw. 2,25 Prozent.
Während sich die Händler vom Abschluss erfreut zeigten, rechtfertigte die Gewerkschaft den Reallohnverlust als sozialpartnerschaftlichen Kompromiss in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Zudem konnten Einmalzahlungen verhindert und Verbesserungen im Rahmenrecht erreicht werden. Das Mindesteinstiegsgehalt für Handelsangestellte steigt damit ab Jänner um 52 Euro auf 2.090 Euro brutto, in der höchsten Einstiegsstufe um 59 Euro auf 2.362 Euro. Das entspricht netto um 42 Euro im Monat oder 603 Euro im Jahr mehr.
Flexible Samstagarbeit
Im Rahmenrecht gibt es vor allem eine Aufweichung der starren „Schwarz-Weiß-Regelung“, die in der Praxis ohnehin schon mehr grau war. Die „Schwarz-Weiß-Regelung“ sieht vor, dass Beschäftigte, die an einem Samstagnachmittag arbeiten, am darauffolgenden Samstag einen ganzen freien Tag bekommen müssen. Auf Antrag der Arbeitnehmer und mit Zustimmung des Betriebsrates kann von dieser Praxis abgegangen und etwa eine 5-Tage-Woche mit freiem Samstag oder mehrere Samstage hintereinander vereinbart werden.
„Das ist ein zentraler Schritt hin zu mehr Planbarkeit und besserer Vereinbarkeit für fast eine halbe Million Beschäftigte“, sagte Arbeitnehmerverhandler Martin Müllauer. Für den Handelsverband, der gar nicht am Verhandlungstisch saß, wurde damit eine langjährige Forderung für mehr Flexibilität bei der Samstagsarbeit umgesetzt.
Aufstockungsoption ist vage
Eher vage bleibt die Möglichkeit einer Erhöhung der Arbeitszeit bei regelmäßiger Mehrarbeit, eine Langzeitforderung der Gewerkschaft. Eine Aufstockung kann zwar beantragt, aber vom Arbeitgeber auch abgelehnt werden. Um mehr Jugendliche für einen Verkaufsjob anzusprechen, gibt es Boni bei erfolgter Lehrabschlussprüfung. Bei ausgezeichnetem Erfolg winken 250 Euro.
Gutes Weihnachtsgeschäft erwartet
„Wir hoffen, dass wir nun gemeinsam positiv in ein gutes Weihnachtsgeschäft starten können“, kommentierte Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will den aus seiner Sicht erfolgreichen Abschluss. „Wenn die Kundinnen und Kunden Vertrauen fassen, wieder mehr konsumieren und das vor allem regional, profitieren davon die Beschäftigten ebenso wie die Unternehmen“, so Will. Er verweist aber auch auf die weiter angespannte Lage im Handel vor allem durch hohe Energie- und Betriebskosten, den verhaltenen Konsum und intensiven Wettbewerb.
Wifo-Experte: Gutes Zeichen
Als „gutes Zeichen“ sowohl für die Konjunktur als auch für eine funktionierende Sozialpartnerschaft wertet Wifo-Experte Marcus Scheiblecker den Kompromiss. Für den Handel sei das Weihnachtsgeschäft wichtig, Störungen hätten allen geschadet. Grundsätzlich seien Lohnabschlüsse immer ein Kompromiss, der einmal in die eine und dann in die andere Richtung ausschlagen kann.
Arbeiter wollen mehr
Ausstehend ist noch der KV-Abschluss für die 150.000 Handelsarbeiter, für die die Gewerkschaft vida verhandelt. Diese stellt auf Anfrage klar, dass die 2,55 Prozent kein Automatismus für die Branche seien, sondern ein eigener KV verhandelt werde. „Einem Abschluss unter der Inflation werden wir nicht zustimmen“, hieß es nach der zweiten Runde. Gefordert wird auch eine Sonntagszulage und eine Erhöhung des Nachtarbeitszuschlags. Am 3. Dezember wird weiterverhandelt.
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