Hacker hatten Zugang zu fast 50 Millionen Facebook-Accounts

Hacker hatten Zugang zu fast 50 Millionen Facebook-Accounts
Sicherheitslücke: Gemessen an der Zahl betroffener Nutzer war es der größte bekannt gewordene Angriff auf das Netzwerk.

Ein halbes Jahr nach dem Facebook-Datenskandal um Cambridge Analytica stellt ein massiver Hacker-Angriff das Vertrauen der Nutzer wieder auf die Probe. Fast 50 Millionen Profile waren betroffen - und auch Accounts bei anderen Online-Diensten, wenn man sie mit Facebook-Login nutzte.

Wegen einer Sicherheitslücke bei Facebook haben Hacker auf Profile von fast 50 Millionen Nutzern zugreifen können, als wären es ihre eigenen. Nach bisherigen Erkenntnissen hätten die unbekannten Angreifer aber keine privaten Nachrichten abgerufen oder versucht, etwas im Namen der betroffenen Nutzer bei Facebook zu posten, betonte das Online-Netzwerk am Wochenende.

Auch Zugang zu anderen Online-Portalen

Abgeschöpft hätten die Angreifer aber Profil-Informationen wie Name, Geschlecht und Wohnort. Dadurch sei die Attacke auch erst aufgefallen. Bisher habe Facebook keinen speziellen Fokus auf bestimmte Regionen oder Nutzergruppen feststellen können. Die Angreifer hatten digitale Schlüssel zu den Accounts gestohlen, mit denen man in die Profile kommt, ohne ein Passwort eingeben zu müssen.

Potenziell gefährlich ist, dass die Hacker sich mit den erbeuteten Digitalschlüsseln auch bei anderen Online-Diensten anmelden konnten, die mit dem Facebook-Login genutzt wurden. Ob es dazu kam, ist bisher unklar. Die Option "Login mit Facebook" bieten unter anderem Internet-Händler sowie viele andere Websites an. Das soll Nutzern den Aufwand ersparen, sich noch mehr Passwörter ausdenken zu müssen.

Die Sicherheitslücke sei am Donnerstag geschlossen worden, versicherte Facebook. Zumindest gemessen an der Zahl betroffener Nutzer ist es der bisher größte bekannt gewordene Hacker-Angriff auf das Online-Netzwerk. Facebook hat insgesamt mehr als 2,2 Milliarden aktive Mitglieder.

Facebook-Gründer selbst betroffen

"Wir wissen nicht, wer hinter dieser Attacke steckt", sagte Facebooks Gründer und Chef Mark Zuckerberg in einer Telefonkonferenz. Man werde das möglicherweise auch nie erfahren, fügte Produktchef Guy Rosen hinzu. Auch die Profile von Zuckerberg und Geschäftsführerin Sheryl Sandberg seien betroffen gewesen, berichteten die New York Times und die Financial Times.

Die Angreifer hätten eine Sicherheitslücke in der Funktion ausgenutzt, mit der Facebook-Mitglieder sich ihr Profil aus der Sicht anderer Nutzer anzeigen lassen können, erläuterte das Unternehmen. Die Schwachstelle erlaubte es ihnen demnach, sogenannte Token zu stehlen - eine Art Langzeitschlüssel, der auf einem Gerät gespeichert wird. Facebook stellte fest, dass rund 50 Millionen dieser Token gestohlen wurden. Das Passwort selbst kann dabei nicht ausgelesen werden.

Die Funktion mit der Anzeige des Profils aus Sicht von Facebook-Freunden - mit der Nutzer eigentlich ihre Privatsphäre besser im Griff haben sollten - sei vorerst sicherheitshalber abgeschaltet worden, teilte Facebook weiter mit. Zur Sicherheit werden sich weitere rund 40 Millionen Nutzer auf ihren Geräten neu anmelden müssen, nur weil sie diese Funktion im vergangenen Jahr benutzt haben.

Kombination von Software-Fehlern als Ursache

Die Attacke kommt zu einem extrem ungünstigen Zeitpunkt für das Online-Netzwerk, das noch um das Vertrauen der Nutzer nach dem Datenskandal um Cambridge Analytica kämpfen muss. Die Datenanalyse-Firma hatte unberechtigterweise Zugang zu Informationen von Dutzenden Millionen Nutzern bekommen. Diese Enthüllung hatte Facebook in die bisher schwerste Krise gestürzt. Derzeit versucht das Unternehmen zudem mit größten Anstrengungen, die Plattform vor den wichtigen Kongress-Wahlen in den USA im November gegen Manipulation von außen abzusichern. Die Facebook-Aktie fiel zum US-Handelsschluss am Freitag um rund 2,6 Prozent.

Die Schwachstelle sei bereits im Juli 2017 durch eine Kombination aus drei Software-Fehlern entstanden, erläuterte Produktchef Rosen. Zunächst einmal sei eine damals neu eingeführte Funktion zum Hochladen von Videos fälschlicherweise in der später ausgenutzten Fremdansicht angezeigt worden. Das sei zwar nur vorgekommen, wenn es um Geburtstagsgrüße ging - hätte aber überhaupt nicht passieren dürfen.

Zweitens sei fälschlicherweise zugelassen worden, dass für diesen Video-Uploader auch Digitalschlüssel generiert werden konnten. Und schließlich sei dabei ein Token nicht für den Account des Nutzers erstellt worden - sondern für den des Facebooks-Freundes, aus dessen Perspektive man sich sein eigenes Profil ansehen wollte. So hätten die Hacker über das soziale Netzwerk Zugriff zu immer mehr Profilen bekommen können. Den Angreifern war es gelungen, diese Kombination aus mehreren Faktoren nicht nur zu entdecken, sondern auch in größerem Stil auszunutzen.

Seit Dienstag Gewissheit über Attacke

Facebook macht keine Angaben dazu, wann genau die Hacker die Token gestohlen und damit Zugriff auf die Nutzer-Profile gehabt haben könnten. Facebook habe zunächst ungewöhnlich hohe Aktivität bei einer Schnittstelle am 16. September entdeckt. Am Dienstagabend dieser Woche sei man dann sicher gewesen, dass eine Attacke laufe und habe die Sicherheitslücke bis Donnerstag gefunden und geschlossen. Neben dem FBI seien gemäß der EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) auch Behörden in Irland eingeschaltet worden. Die DSGVO sieht bei Verstößen gegen den Datenschutz Strafen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes vor.

Die Facebook-Mitteilung brachte neue Aufmerksamkeit für die Ankündigung eines Hackers aus Taiwan von Mitte der Woche, am Sonntag in einem Livestream das Facebook-Profil von Mark Zuckerberg zu löschen. Am Freitag sagte er die Übertragung dann ab und erklärte, er habe stattdessen Facebook kontaktiert.

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