Wie in Österreich jetzt um die Glücksspiel-Lizenzen gepokert wird

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Finanzministerium arbeitet unter starkem Zeitdruck an Entwurf. Lizenzen könnten verlängert werden. Wie Casinos-Austria-Chef van Lambaart mit Drohungen lobbyierte. CAI wird heruntergefahren.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Jetzt aber wirklich. „Auf Hochdruck“ werde an der Novellierung des Glücksspielgesetzes gearbeitet, beteuert man im Büro von SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer. Bis zum Herbst soll der Entwurf vorliegen, „und die politische Diskussion beginnen“, sagt Marterbauer-Sprecherin Sigrid Rosenberger. Es gehe, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, um die Neuvergabe der Konzessionen für Casinos, Lotto und Online-Gaming, andererseits auch um besseren Spielerschutz. Wie IP- und Payment-Blocking, was schon Ex-Minister Gernot Blümel wollte.

2026 soll dann ausgeschrieben werden. Es wird sich trotzdem mit der plangemäßen Vergabe sowie der längst überfälligen Gründung einer unabhängigen Behörde nicht ausgehen. Das Finanzministerium hat die Aufsicht, vergibt die Konzessionen und der Bund ist Drittel-Eigentümer des Monopolisten Casinos Austria (Casag) samt der Tochter Lotterien. Eine heikle Konstellation.

Marterbauer-Vorgänger Magnus Brunner (ÖVP) brachte auch in Sachen Glücksspiel nichts auf Schiene, angeblich scheiterte es an den Grünen. Dass die Beamten längst fertige Entwürfe im Lad'l haben, wird im Ministerbüro dementiert.

Die Lottolizenz samt der einzigen Online-Genehmigung läuft 2027 aus, auch die Konzessionen für sechs der zwölf Casinos. Doch alle Experten rechnen damit, dass die Verfahren bis zu vier Jahre dauern können. Es dürften sich so viele Interessenten bewerben wie noch nie, die Verlierer werden jede Entscheidung beeinspruchen.

Jackpot für Lotterien

Stark anzunehmen, dass daher die Gültigkeitsfrist der Lizenzen verlängert wird. Gesetzlich ist derzeit nur ein Jahr möglich, darüber hinaus muss das Gesetz geändert werden. Möglicherweise auf drei Jahre, was ein Jackpot für die teilstaatliche Casag wäre. Wird dort freilich in Abrede gestellt, man sei daran interessiert, „dass alles planmäßig abläuft, sonst könnten wir keine Projekte und Investitionen planen“, meint Sprecher Patrick Minar.

Spannend wird, ob wieder nur eine Online-Lizenz vergeben wird, oder, wie in etlichen EU-Ländern, mehrere Konzessionen unter strengen Auflagen. Seit Jahren spielen viele Anbieter mit Genehmigung in Malta nach Österreich herein. Irgendwie absurd – nicht erlaubt, aber einige dieser Unternehmen zahlen hierzulande Steuern.

Eines davon ist Lottoland, Anbieter von Wetten auf ausländische Lotterien und Online-Casino-Gaming. „Die aktuelle Situation mit nur einem konzessionierten Monopolanbieter empfinden wir als unbefriedigend. Eine Marktöffnung würden wir ausdrücklich begrüßen und wären sehr interessiert, uns im Falle einer Liberalisierung um eine Online-Glücksspielkonzession zu bewerben.“ sagt ein Sprecher. Man gehöre mit mehr als 400 Mitarbeitern und international 20 Millionen Kunden zu den größeren Anbietern von Online-Lotterien.

Im Casino-Business will auch die von ehemaligen Casag-Mitarbeitern gegründete Alea Trust mitmischen. Partner Marcel Fabian, Sohn des Interwetten-Chefs, kam abhanden, er wollte nicht solange zuwarten. „Wir sind selbstverständlich weiterhin am terrestrischen Casino-Geschäft interessiert und führen Gespräche mit mehreren Playern“, sagt Geschäftsführer Niklas Sattler.

In der Branche wird über Bewerbungen von Tipico (übernahm Admiral von Novomatic) spekuliert, über Merkur (vorher Gauselmann), Swiss Casinos, den US-Riesen IGT sowie die Franzosen Barriere und Partouche. Der heimische Novomatic-Konzern dagegen hat klar abgewunken.

Casinos Austria-Generaldirektor Erwin van Lambaart

Casag-Chef Erwin van Lambaart, Spitzname im Unternehmen: "Der fliegende Holländer"

Glück im Unglück hat Casinos-Chef Erwin van Lambaart. Ursprünglich hatte die Regierung Steuererhöhungen im Glücksspielbereich von rund 100 Millionen Euro für das desaströse Budget geplant, jetzt wird’s nur die Hälfte. Lambaart hatte auf Teufel komm raus lobbyiert und ständig Drohszenarien aufgebaut. Fünf Casinos müssten zusperren, das Sponsoring werde stark gekürzt, 45 Mitarbeiter demonstrativ zur Kündigung angemeldet.

Bei der Regierung hatte er damit Erfolg. Zwar wurde die Gebühr auf Sportwetten verdoppelt, aber das Wettgeschäft ist bei der Casag nebensächlich. Seit 1. Juli wird Lotto mit 19 statt bisher 16 Prozent besteuert. Geplant waren zehn Prozent mehr. Die Inlandscasinos, von denen nur Wien und Bregenz hohe Gewinne einspielen, bleiben verschont. Die Spielbanken-Abgabe, vor Jahren gesenkt, wird nicht erhöht und es werden weniger Mitarbeiter abgebaut.

Internationales Geschäft schrumpft weiter

Die tschechischen Mehrheitseigentümer sind, wie man hört, trotzdem höchst unzufrieden. Die allwyn-Gruppe des Milliardärs Karel Komarek ist stark dividendengetrieben. Sinken die Erträge wegen Steuererhöhungen langfristig, wird auch die Beteiligung an der Casag-Gruppe weniger wert. Auch mit van Lambaart sollen die Mehrheitseigentümer nicht glücklich sein. Sein Spitzname im Unternehmen: der "fliegende Holländer". 

Das internationale Geschäft der Casag, gebündelt in der CAI (Casinos Austria International), schrumpft indes weiter. In Niedersachsen verlor die CAI 2023 die Verlängerung der Lizenzen, die zehn Spielbanken wurden heuer an den deutschen Mitbewerber Merkur verkauft. Damit bricht schon einmal die Hälfte des CAI-Umsatzes weg.

Kürzlich wurde auch die Beteiligung am Reef Casino Trust im australischen Cairns verkauft. An die Casinos- und Hotelgruppe Iris Capital, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung. Die CAI hielt gemeinsam mit der französischen Accor-Gruppe über 70 Prozent, der Kaufpreis beträgt rund 116 Millionen US-Dollar. 

Die CAI, die einst das internationale Aushängeschild und der Stolz der Casag war,  betreibt somit nur noch zwölf kleine Standorte. An einen Verkauf, wie bereits einmal von den Tschechen beabsichtigt, sei aber nicht gedacht. Derzeit jedenfalls.

andrea.hodoschek@kurier.at

Porträt von Andrea Hodoschek, Autorin der Serie „Wirtschaft von Innen“.

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