Nikotin und Glücksspiel: Wien setzt auf jugendliche Testkäufer

Waren es früher rücksichtslos entsorgte Tschick-Stummel, die Gehsteige säumten, mischen sich mittlerweile immer öfter ausgezuzelte Nikotinbeutelchen unter den unansehnlichen Straßenmüll. Die ausgespuckten Suchtmittel, die auch als Nikotinpouches bekannt sind, dürften zu einem nicht unwesentlichen Teil von unter 18-jährigen Konsumenten stammen. Denn wie Jugendstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) und Sucht- und Drogenkoordinator Ewald Lochner am Freitag im Rathaus erklärten, nimmt der Konsum nikotinhaltiger Produkte unter Jugendlichen zu.
„Sucht ist eine große Gefahr im jungen Alter“, hielt der pinke Politiker fest. Deshalb will die Wiener Stadtregierung noch vor der Gemeinderatswahl im April das Jugendschutzgesetz novellieren. Das Gesetz, das bei einer im März eingeschobenen Landtagssitzung beschlossen werden soll, sieht drei große Änderungen bzw. Präzisierungen vor:
Nikotinprodukte: Nikotinbeutel enthalten keinen Tabak, zeichnen sich aber durch einen hohen Nikotingehalt aus, der ebenfalls gesundheitsschädlich ist. Vom Tabakgesetz sind die Pouches nicht umfasst, laut Wiederkehr fehlte bisher eine Regelung. Ab März sollen Kauf, Besitz und Konsum in Wien für Jugendliche verboten sein.
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) brachte ein bundesweites Verkaufsverbot an Nicht-Volljährige auf den Weg – allerdings ohne Mehrheit im Parlament. Deshalb presche Wien vor, wie Wiederkehr betonte. Er hoffe dennoch auf den Bund, dieser könne ein Werbeverbot für die Nikotinbeutel durchsetzen.
Nikotinpouches
Tabakfreie Nikotinbeutel sind erst seit wenigen Jahren in Österreich erhältlich. Daten zeigen, dass sie gerade unter Jugendlichen sehr beliebt sind
Mögliche Risiken
Die Studienlage über gesundheitliche Gefahren ist noch dünn. Experten warnen aber vor dem hohen Suchtpotenzial und der Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System
Snus
Nicht zu verwechseln sind die tabakfreien Nikotinbeutel mit den tabakhaltigen, in Österreich nicht zugelassenen Snus
- Glücksspiel und Wetten: In Österreich ist es so, dass Sportwetten nicht als Glücksspiel gelten. Ein Umstand, der offenbar immer mehr junge Spieler anlockt. Sogar Fälle von Jugendlichen, die auf Pferderennen wetten, seien bekannt. Die Stadtregierung will dem einen Riegel vorschieben. Neben dem Automatenspiel sollen künftig Sportwetten für unter 18-Jährige ausdrücklich verboten sein.
Testkäufe: Anbieter, die sich nicht an das neue Gesetz halten, könnten künftig ausgerechnet von jugendlichen Testkäufern überführt werden. Der Grund: Die Novelle ermöglicht es der Stadt, Jugendliche zu rekrutieren, die dann in Begleitung versuchen, die verbotene Ware zu erstehen. Behalten dürfen sie diese nicht.
Werden schwarze Schafe enttarnt, setze man zuerst auf Aufklärung, so Drogenkoordinator Lochner. Bei wiederholten Verstößen werde jedoch die Polizei informiert. Dann drohen Geldbußen bis zu 15.000 Euro. Ähnlich der Zugang bei zu jungen Konsumenten: „Information, verpflichtende Beratung, dann erst Sanktion.“
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