Warum gebrauchte Bücher aus ganz Europa nach Prag wandern
Eines der Lager des Second-Hand-Buchhändlers Bookbot in Prag.
Gebrauchte Produkte zu kaufen oder zu verkaufen, macht auf mehreren Ebenen Sinn. Man schont Ressourcen, vermeidet Müll und profitiert auch finanziell. Neben großen Online-Portalen, auf denen man alle Arten von Waren finden kann, sind in den vergangenen Jahren einige Anbieter aufgetaucht, die sich speziell dem Geschäft mit gebrauchten Büchern widmen. Einer der am schnellsten wachsenden in Zentraleuropa ist Bookbot.
Das tschechische Unternehmen ist auch in Deutschland, der Slowakei und Österreich sehr aktiv. Es expandiert momentan in weitere europäische Länder und bietet seine Dienste künftig etwa auch in Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Spanien an.
Mit Transparenz und Bandbreite hervorstechen
Sich dabei von der Konkurrenz zu unterscheiden, ist schwierig. Bookbot versucht es mit Transparenz und Bandbreite. Ein bisschen Individualität ist auch dabei. Auf den Fotos für den Verkauf sind immer auch die Hände der Mitarbeiter zu sehen, die das Buch in die Kamera halten. Die Bilder sollen potenziellen Käufern genau zeigen, in welchem Zustand sie ihr Produkt erwarten können, schildert Pressesprecherin Marilena Himmelreich.
An mehreren Fotostationen wird der Zustand der Bücher genau festgehalten.
Will man ein Buch bei Bookbot verkaufen, müssen Verkäufer ein Foto des Buchrückens schicken. Anhand dessen wird entschieden, ob das Buch angenommen wird. Die Anforderungen sind aber relativ niedrig. Das Unternehmen will auch Bücher in kleinen Nischen anbieten und scheut nicht davor zurück, ein Buch dafür auch länger im Lager zu behalten.
Aus Wien kommen „wahnsinnig viele Bücher“
Bookbot gibt Verkäufern Bescheid, welche Bücher anhand der Buchrücken-Fotos angenommen werden und schickt Labels für den kostenlosen Versand. In Wien und Berlin holen sogenannte „Book-Boten“ Bücher von Verkäufern auch direkt von zuhause ab. „Von Wienern bekommen wir wahnsinnig viele Bücher“, so Himmelreich. Bookbot hat deshalb auch eine Kooperation mit dem Buchhändler Thalia versucht, bei dem man gebrauchte Bücher in Wiener Filialen abgeben konnte. Nach drei Monaten wurde der Versuch aber wieder eingestellt, weil Thalia den Andrang kaum bewältigen konnte. Nun will der Buchhändler einen eigenen Second-Hand-Sektor aufbauen.
Bookbot-Gründer Dominik Gazdos kennt sich als Antiquar gut mit alten Büchern aus.
Noch führen alle Wege nach Prag
Egal, in welchem Land Verkäufer ihre Bücher absenden, sie alle werden nach Prag gebracht. Bookbot besitzt dort zwei Lager, ein drittes kommt demnächst dazu. Das bisher größte hat rund 4.000 Quadratmeter Fläche. Darin werden die Pakete mit zugeschickten Büchern entladen, die Bücher werden gereinigt, fotografiert und sortiert. 1.300 Teilzeitkräfte und 70 fix Angestellte beschäftigt das Unternehmen derzeit. Langfristig sollen auch Lager an anderen europäischen Standorten entstehen, aber derzeit führen alle Wege der Anlieferung nach Prag.
Unter einem bestimmten Preis wird nicht verkauft
Gegründet wurde Bookbot 2019 durch Dominik Gazdos und seinen Bruder David Gazdos. Ersterer war Buchantiquar und ist dadurch gut mit dem Buchmarkt vertraut. Zweiterer ist nun CTO und hat einen eigenen Algorithmus entwickelt, der zur Festlegung des Verkaufspreises dient. Vom Verkaufspreis behält sich Bookbot 40 Prozent plus 1,19 Euro ein. 60 Prozent bekommt der Verkäufer. In der Praxis bedeutet das, dass manche Bücher nicht zu so niedrigen Preisen wie bei anderen Anbietern angeboten werden.
Die fixe Komponente von 1,19 Euro soll sicherstellen, dass der Bearbeitungsaufwand gedeckt wird, so Himmelreich. Hinter dem Preismodell stecke eine mathematische Berechnung, die das Geschäft absichern soll. Unter einem gewissen Preis werden Bücher einfach nicht verkauft, dafür könne man auch mit kleinen Margen wirtschaften. Für Kunden versuche man, Bücher stets zum höchstmöglichen Preis zu verkaufen. Dafür wird aber auch nicht sofort mitgeteilt, welchen Preis man für ein Buch erhält. Himmelreich: „Verkäufer gehen ein bisschen mehr Risiko ein, weil sie den Preis nicht wissen, aber am Ende haben sie im Schnitt höhere Erträge.“
Knapp 1.800 Beschäftigte hat Bookbot derzeit.
Weggeworfen wird nichts
Registriert man für bestimmte Titel absolut keine Nachfrage mehr, werden sie aussortiert. Das sei nicht oft der Fall. 99 Prozent der Bücher würden innerhalb von 3 Monaten verkauft. Aussortierte Bücher werden gespendet, etwa an Hotels oder Kunstvereine. Im Müll landen sie jedenfalls nicht, so Himmelreich. „Viele Leute sagen: Sicherlich ist es toll, noch Geld für Bücher zu bekommen, aber wegwerfen sollte man sie auf keinen Fall.“
Eine Kategorie ist durch TikTok-Trend beliebt
Besonders gut verkaufen sich aktuell Krimis und Kinderbücher. Letztere gebraucht zu kaufen, mache besonders viel Sinn, weil sich die Vorlieben von Kindern rasch ändern. Ebenfalls beliebt sei die Kategorie „New Adult Romance“, die besonders auf TikTok im Trend liege. Jüngere Konsumenten seien generell eine große Zielgruppe, weil sie „in kurzer Zeit sehr viel lesen und ihren Buchbedarf im Neumarkt kaum finanzieren können“. Außerdem sei der Nachhaltigkeitsgedanken bei jüngeren Lesern noch stärker verbreitet.
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