G-20: "Währungskrieg" beendet
Mit einer unerwartet klaren Absage an Wechselkursziele versucht die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) die Debatte über einen Währungskrieg zu beenden. Darüber hinaus signalisierten die G-20-Finanzminister und Notenbank-Chefs am Samstag bei ihrem Treffen in Moskau, dass sie kurzfristig der Wachstumsförderung Vorrang geben wollen vor Maßnahmen zum Abbau der Staatsdefizite.
In der Abschlusserklärung heißt es nun, die G-20 werde "ihre Wechselkurse nicht an Wettbewerbs-Gesichtspunkten ausrichten", also gewisse Zielwerte für die Wechselkurse verfolgen. Zudem versichert die Staatengruppe - der auch Schwellenländer wie China angehören - dass sie in keinen Abwertungswettlauf eintreten würden. Die Geldpolitik solle sich an der Preisstabilität der jeweiligen Währungsräume ausrichten, aber auch der wirtschaftlichen Erholung dienen. Die G-20 wollen sich zudem schneller in Richtung marktbestimmter, flexibler Wechselkurse bewegen.
Die G-20-Vertreter einigten sich zudem darauf, gemeinsam gegen legale Steuerflucht internationaler Großkonzerne vorzugehen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werde bis Juli Pläne vorstellen, wie dies geschehen solle.
Differenzen um Sparziele
Der Kampf um neue Sparziele für die Industrieländer ist dagegen weiterhin offen. Eine Entscheidung in dem Streit, der hauptsächlich zwischen Deutschland und den USA ausgetragen wird, wurde auf den Gipfel der Staats-und Regierungschef Anfang September in St. Petersburg vertagt. Laut Abschlusserklärung sollen dann "glaubwürdige mittelfristige Konsolidierungskonzepte" umgesetzt werden - allerdings mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Die wichtigsten Passagen aus der G-20-Abschlusserklärung:
Zu Wechselkursen
"Wir bekräftigen unseren Einsatz für Zusammenarbeit, um eine andauernde Verringerung globaler Ungleichgewichte zu erreichen, und für Strukturreformen, die inländisches Kapital betreffen und Produktivität verbessern."
"Wir werden von gezielten Abwertungen absehen. Wir werden uns keine Wechselkursziele aus Wettbewerbsgründen setzen, werden uns allen Formen von Protektionismus widersetzen und werden unsere Märkte offen lassen."
Zur Budgetkonsolidierung
"Um der Schwäche der Weltwirtschaft zu begegnen, sind ehrgeizige Reformen und abgestimmte Maßnahmen der Schlüssel für das Erreichen von starkem, nachhaltigem und ausgeglichenem Wachstum und für die Wiederherstellung von Vertrauen."
"Wir sind entschlossen, die öffentlichen Finanzen nachhaltig zu gestalten."
"Entwickelte Volkswirtschaften werden bis zum Gipfeltreffen in St. Petersburg glaubwürdige mittelfristige Fiskalstrategien im Einklang mit den von unseren Staats- und Regierungschefs in Los Cabos eingegangenen Verpflichtungen entwickeln."
Kaum ein Thema ist ökonomisch so komplex wie die Wechselwirkungen zwischen den Währungen in der Weltwirtschaft. Die wichtigsten Schlagworte:
- WÄHRUNGSKRIEG: In volkswirtschaftlichen Lehrbüchern steht der Begriff nicht, der angeblich 2010 vom brasilianischen Finanzminister Guido Mantega geprägt wurde. Gemeint ist damit, dass mehrere Länder eine Art Wettlauf starten, wer seine Währung am stärksten abwerten kann. Davon versprechen sie sich Vorteile bei der Wettbewerbsfähigkeit: Ist die eigene Währung schwach, profitieren davon Unternehmen, die ins Ausland exportieren - ihre Produkte werden billiger. Nachweisen ließ sich ein Währungskrieg bisher nicht.
- WECHSELKURS: Der Wert einer Währung lässt sich am besten im Verhältnis zu einer anderen Währung bemessen - das nennt man Wechselkurs. In Deutschland am geläufigsten ist der Euro-Dollar-Wechselkurs, er liegt derzeit bei etwa 1,33 Dollar. Fällt dieser dauerhaft, kann man sagen, der Euro habe gegenüber dem Dollar abgewertet. Oder umgekehrt: Der Dollar hat gegenüber dem Euro aufgewertet. Es kommt immer auf die Perspektive an.
- ZENTRALBANKEN: Wechselkurse ergeben sich - wie die meisten Preise in einer Marktwirtschaft - in der Regel aus Angebot und Nachfrage. Eine wichtige Rolle dabei spielen die Zentralbanken, denn sie können große Mengen der einheimischen Währung (oder einer fremden) kaufen oder verkaufen und nehmen damit Einfluss auf die Wechselkurse. Ein Beispiel: Die Schweizer Notenbank hatte 2011 beschlossen, den Franken vor einer weiteren Aufwertung zum Euro im Zuge der Schuldenkrise zu bewahren beziehungsweise den Wechselkurs nicht unter 1,20 Franken fallen zu lassen. Dafür kauft die Zentralbank laufend Euro und andere Fremdwährungen.
- JAPAN: Die starke Abwertung des Yen in den vergangenen Monaten ist der Auslöser für die jüngste Diskussion über einen "Währungskrieg". Die im Vergleich zu Dollar oder Euro günstiger gewordene japanische Währung hilft der exportorientierten japanischen Wirtschaft. Dies ist politisch - von der neuen Regierung und der Zentralbank - erwünscht, denn das Land steckt seit Jahrzehnten in der Stagnation. Mit dem Anwerfen der Notenpresse - dem "Drucken" von Geld - hilft die Zentralbank dabei, dass der Yen an Wert verliert.
- TEUERUNG: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Stärke beziehungsweise Schwäche einer Währung und der Teuerungsrate. Stark vereinfacht gesehen verschärft eine Abwertung die Inflation, bei einer Aufwertung schwächt sich die Preissteigerung hingegen ab. Geht diese gegen null oder fallen die Preise, spricht man von Deflation. Dies ist für eine Volkswirtschaft viel gefährlicher als eine moderate Inflation. Einflussmöglichkeiten haben wiederum die Notenbanken, die ja in erster Linie über die Preisstabilität wachen. In der Eurozone spricht man von stabilen Preisen, wenn die Teuerung mittelfristig bei knapp unter zwei Prozent liegt.
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