Frosta-Chef: "Besser wäre es für die Menschen, frisch zu kochen"

Von Dominik Bath
In dem Hamburger Büro des Tiefkühlkostanbieters Frosta gibt es keine Kantine. Stattdessen genügen eine Küche und eine große Tiefkühltruhe – mit den Fertiggerichten des Unternehmens, das seinen Sitz in Bremerhaven hat. Auch Chef Felix Ahlers gelingt so in der Mittagspause die regelmäßige Qualitätskontrolle.
Im Interview mit der Funke Mediengruppe (am KURIER beteiligt) gibt er Einblick in die Firmenstrategie und sagt, warum sich die Menschen wieder auf das Kochen und das Essen besinnen sollten.
KURIER: Sollen sich die Menschen mehr Zeit nehmen für das Essen?
Felix Ahlers: Ja. Und ich glaube, sie sollten noch besser verstehen, was sie essen. Wer sich mehr Zeit nimmt, kann sich auch mehr damit beschäftigen, was man zu sich nimmt. Leider essen viel zu viele Menschen hoch verarbeitete Lebensmittel. Besser für sie wäre es, frisch zu kochen.
Dass Mahlzeiten heute vor allem schnell gehen müssen, müsste Ihnen als Fertiggerichte-Anbieter aber doch in die Karten spielen …
Wenn es mal schneller gehen muss, sind wir die beste Alternative zum Selbstkochen. Weil wir es genauso machen, wie man es zu Hause machen würde.
Bemerken Sie, dass die Menschen verstärkt darauf achten, was sie zu sich nehmen?
Seit Corona haben die Menschen festgestellt, dass sie für die eigene Gesundheit mehr tun müssen und dass das eigene Wohlbefinden auch sehr stark mit der Ernährung zusammenhängt. Essen ist also zu einem ganz wesentlichen Teil der Gesundheit geworden. Leider kann man als Konsument nur bedingt erkennen, was wirklich in einem Produkt drin ist.
Was müsste sich beim Einkaufen ändern?
Alles das, was in den Produkten drin ist, müsste deklariert und nachlesbar sein. Das ist heute nicht so.
Was fehlt?
Bei vielen Lebensmittelherstellern vermisse ich Ehrlichkeit. Bei Aromen zum Beispiel ist fast alles erlaubt. Da wird mit natürlichen Aromastoffen geworben, obwohl ein Produkt besagte Zutat nie aus der Nähe gesehen hat. Das ist einfach und günstig für die Industrie, aber unehrlich mit Blick auf die Verbraucher. Auch bei der Zutatenliste würde ich mir wünschen, dass dort das steht, was auch wirklich drin ist.
Felix Ahlers (58) ist seit 2010 Vorstandschef der Frosta AG aus Bremerhaven. Ahlers machte von 1986 bis 1988 in Paris eine Ausbildung zum Koch und studierte dann Volkswirtschaftslehre. Er ist verheiratet und lebt in Hamburg
Frosta wurde 1905 als Hochseefischerei Nordstern AG gegründet und 1961 in Frosta umbenannt. Heute hat das börsenotierte Unternehmen mit 1.800 Mitarbeitern drei Produktionsstätten in Deutschland und eine in Polen. Frosta hat seit 2003 ein „Reinheitsgebot“ und verzichtet auf Geschmacksverstärker, Farbstoffe und Aromen.
42 Millionen Euro Gewinn wurden im Vorjahr erzielt (nach 34,1 Mio.). Der Umsatz blieb mit 638 Mio. Euro nahezu stabil. Die Dividende stieg von 2,0 auf 2,40 Euro je Aktie.
Was müsste der Gesetzgeber ändern?
Es braucht einfach strengere Vorgaben. Dass man Produkte mit „ohne Zusatzstoffe“ oder „ohne Geschmacksverstärker“ bewerben darf, ohne dass es tatsächlich so ist, muss ganz einfach verboten sein. Was drin ist, muss auch besser zu erkennen sein. Heute wird die Zutatenliste ja oft so klein auf die Verpackung gedruckt, dass sie kaum noch lesbar ist.
Sollte sich der Staat in die Rezepturen einmischen?
Ich finde staatlich vorgegebene Rezepte nicht sinnvoll. Das Problem liegt nicht in falschen Rezepten, sondern darin, dass wir das Kochen in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr den Maschinen der Lebensmittelindustrie überlassen haben und dabei gute Zutaten durch Zusatzstoffe und Hightech-Verfahren ersetzt haben, die vor allem Kosten sparen sollen.
Was sollte sich ändern?
Anstelle von Vorschriften brauchen wir mehr Menschen, die wissen, wie man aus einfachen Zutaten ein gutes Gericht kocht. Das sollte am besten jedes Kind schon in der Schule lernen – und zwar nicht theoretisch im Klassenzimmer, sondern ganz praktisch, am Herd. Ich bin überzeugt, wer selber kochen kann, der wird keine ungesunden, hoch verarbeiteten Produkte kaufen.
Sie sind gelernter Koch und haben zeitweise in Sternerestaurants gearbeitet. Wie oft greifen Sie selbst auf Tiefkühlkost zurück?
Ich koche immer noch sehr gerne selbst. Dafür nutze ich auch Frosta-Produkte, zum Beispiel eine Gemüsepfanne als Basis. Oder ich mache mit unseren Tiefkühlkräutern Pesto selbst.

Fischstäbchen-Produktion bei Frosta in Bremerhaven.
Wie finden Sie heraus, was die Menschen künftig essen wollen?
Einerseits schauen wir, was sich in Restaurants tut. Früher ging man zum Asiaten, heute zum Chinesen, Japaner oder zum Koreaner. Da sind Verbraucher also spezifischer unterwegs, und diesen Trend gehen wir mit. Anderseits merken wir auch, dass viele Leute Gerichte, die sie aus der Kindheit kennen, auch im Alter gerne essen. Deshalb ist unser Hühnerfrikassee auch das meistverkaufte Produkt.
Frosta hat sich dazu entschieden sogenannte Mogelpackungen – also weniger Inhalt zum gleichen Preis – zu kennzeichnen. Warum?
Alles, was wir wissen, steht auch auf der Verpackung. Und wenn sich die Packungsgröße verkleinert, soll man das auch schnell erkennen können. Das wollen wir nicht verheimlichen.
Wie haben die Verbraucher reagiert?
Zunächst mal war das für alle ein Schock, weil etwas gemacht worden ist, was man sonst nie erlebt. Ich finde, das zeigt auch, dass Verbraucher sich durchaus darüber im Klaren sind, dass sie von der Lebensmittelindustrie oft betrogen werden. Und wenn man dann mal ehrlich ist, kommt das gut an. Die Reaktionen darauf waren jedenfalls durchweg positiv.
Frosta will bis 2030 CO₂-neutral produzieren. Tiefkühlkost hat aber bei Transport und Lagerung wegen der Kühlkette einen hohen Energieverbrauch. Widerspricht sich das nicht?
Das ist ein weitverbreiteter Irrglaube. De facto ist unsere Tiefkühlkost sehr effizient. Zum Beispiel, weil wir unsere Kräuter von Landwirten kaufen, die unweit unserer Werke anbauen, oder auch, weil wir ausschließlich im Freiland gewachsene Tomaten verwenden. Solche Dinge machen dann den höheren Energieverbrauch auf der Kühlkette wieder wett.
Welche Folgen des Klimawandels spürt Frosta schon jetzt?
Ein gutes Beispiel ist die Paprika, die wir aus der Türkei, aus Italien und aus Spanien kaufen. Man kann sagen: Jedes Jahr kaufen wir die Paprika 100 Kilometer weiter nördlich ein. Das ist eine Auswirkung des Klimawandels. Eine weitere ist, dass wir mehr Missernten haben und wir uns viel stärker als früher diversifizieren müssen. Wir brauchen mehrere Lieferländer, damit wir bei einem Ernteausfall Alternativen haben.
Was heißt das für die Preise Ihrer Produkte?
Es ist natürlich aufwendig, sich diese Lieferantenoptionen auch zu sichern, um sich die eigene Produktionsfähigkeit zu erhalten. Insofern wird es sicherlich nicht günstiger werden. Grundsätzlich werden Lebensmittel unter dem Klimawandel leiden und auch teurer werden.
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