Frist für Zahlungsdienstleister Wirecard

Bei Wirecard steigt die Zuversicht
Nachdem die Wirtschaftsprüfer das Testat verweigert haben, sieht sich Wirecard als Betrugsopfer.

Aus den Manipulationsvorwürfen gegen den Dax-Konzern Wirecard ist ein handfester Bilanzskandal mit Verdacht auf "gigantischen Betrug" geworden. Der Dax-Konzern verschob am Donnerstag ein weiteres Mal die Vorlage seiner Jahresbilanz für 2019. Der Grund: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY (Ernst & Young) stellte kein Testat für die Bilanz des Zahlungsabwicklers aus.

Bei Buchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten in Asien ist wegen Täuschungsverdachts unklar, ob die Gelder existieren. Laut Wirecard geht es um etwa ein Viertel der Bilanzsumme.

Sowohl die Finanzaufsicht Bafin als auch die Münchner Staatsanwaltschaft kündigten an, den Fall prüfen zu wollen. Wirecard gerät nun auch finanziell unter Druck. Sollte der Konzern einen testierten Abschluss bis zu diesem Freitag (19. Juni) nicht vorlegen, könnten Banken ihm bestehende Kredite in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro kündigen, warnte das Unternehmen. Auch für die Chefetage hat das Desaster Konsequenzen: Vorstand Jan Marsalek sei mit sofortiger Wirkung freigestellt, hieß es.

Betrugsverdacht

"Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirecard AG in einem Betrugsfall erheblichen Ausmaßes zum Geschädigten geworden ist", sagte Vorstandschef Markus Braun, in einem Video, das in der Nacht zu Freitag online gestellt wurde.

Es sei aktuell unklar, warum zwei Banken, die im Auftrag von Wirecard Treuhandkonten verwaltet hätten, dem Wirtschaftsprüfer EY gegenüber erklärt hätten, Bestätigungen über dort angelegte Milliardensummen seien gefälscht, so der Österreicher. Die Aktien verloren im vorbörslichen Handel erneut fast 10 Prozent, nachdem sie am Donnerstag um rund 65 Prozent eingebrochen waren.

Wirecard hatte am Donnerstag die Veröffentlichung des lange erwarteten Jahresabschlusses 2019 zum vierten Mal verschoben mit der Begründung, dass der Abschlussprüfer EY keine Hinweise auf die Existenz von Guthaben über 1,9 Milliarden Euro gefunden hat. Der Betrag entspricht rund einem Viertel der Bilanzsumme.

Personelle Konsequenzen

Erste personelle Konsequenzen wurden bereits gezogen - der für das operative Geschäft zuständige Vorstand Jan Marsalek, ein enger Vertrauter von Firmenchef Braun, wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Einem Insider zufolge ist nicht auszuschließen, dass weitere Personen den Konzern verlassen müssen. Die Fondsgesellschaft Deka fordert schon seit längerem den Abgang von Braun.

Frist

Durch den fehlenden Jahresabschluss 2019 können Banken Wirecard zufolge am heutigen Freitag Kredite fällig stellen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Wann Wirecard nun seinen eigentlich für April angekündigten Jahresabschluss 2019 vorlegt, ist unklar. Der Zahlungsdienstleister steht schon seit einigen Monaten im Fokus von Vorwürfen der Bilanzfälschung. Unter anderem die britische Zeitung "Financial Times" hatte immer wieder darüber berichtet.

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