Zu viel Fett, Zucker und Salz: EU plant ab 2026 neue Steuer
Die Fettleibigkeit (Adipositas) hat sich laut Studien seit 1990 weltweit verdoppelt und bei Kindern vervierfacht. In Österreich ist bereits jeder dritte Bub und jedes vierte Mädchen im Volksschulalter von Übergewicht oder Adipositas betroffen. Die EU will daher seit geraumer Zeit dagegen vorgehen und plant eine Zuckersteuer. Dem nicht genug, soll es ab dem kommenden Jahr auch eine höhere Besteuerung auf stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt sowie auf Alkopops geben. Details will die Kommission Mitte Dezember vorlegen.
"Eine sorgfältig konzipierte EU-weite Mikroabgabe kann die Preisstabilität aufrechterhalten und gleichzeitig Verhaltensänderungen bewirken", heißt es in dem Entwurf der Kommission. So könnten Entscheidungen der Verbraucher beeinflusst werden, ohne unangemessene finanzielle Belastung zu verursachen. Zugleich würden Hersteller dazu motiviert, ihre Produkte gesünder zu machen. Die Einnahmen durch die Abgabe sollen ausschließlich für EU-weite Gesundheitsförderungsprogramme verwendet werden.
Am vergangenen Wochenende hat die Arbeitsgemeinschaft für Klinische Ernährung (AKE) zum Thema „Zucker und Fett – Zu viel des Guten macht krank“ ihren Herbstkongress abgehalten. „Zucker in Softdrinks und Lebensmitteln zugesetzt ist ein wesentlicher Verursacher“, sagt Univ. Prof. Dr. Felix Keil, Facharzt für Innere Medizin im Hanusch Krankenhaus Wien.
Empfehlungen
Demnach empfiehlt die WHO 50 Gramm Zucker am Tag, idealerweise 25 Gramm. Bei Kindern sollten 5 bis maximal 10 Prozent der benötigten Energie durch Zucker bereitgestellt werden. „Diese Menge wird von vielen Kindern, die in der Kinderambulanz im Gesundheitszentrum Floridsdorf im Rahmen des ’Enorm in Form’-Programmes vorstellig werden, massiv überschritten“, so Keil zum KURIER. „Dieser Umstand ist wiederum verantwortlich für die Zunahme an Adipositas.“ Zusammenfassend verursache das Entzündungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch Tumore.
Keil spricht sich daher für eine von der WHO empfohlene und in Großbritannien bereits bestehende Zuckersteuer (auf Softdrinks) aus. „Die Zuckersteuer funktioniert in Großbritannien.“ Sie entfällt auf Softdrinks bei mehr als 5 Prozent zugesetztem Zuckergehalt. Denn dieser sei um 30 Prozent gesunken. Und es habe keine Substitution durch andere gesüßte Getränke gegeben. Infolge habe sich die Adipositasprävalenz bei Mädchen (10 bis 11 Jahre) um 8 Prozent reduziert. Karies sei sogar um zwölf Prozent gesunken.
Die heimische Lebensmittelindustrie hingegen kann den Erfolg solcher Steuern nicht nachvollziehen. In Großbritannien habe sich der Konsum von Zucker bereits vor der Einführung der Softdrink-Steuer reduziert. „Danach war nur etwa die Hälfte des eingesparten freien Zuckers bei Erwachsenen auf Erfrischungsgetränke zurückzuführen“, heißt es. Selbst, wenn eine Limonadensteuer den Konsum senken sollte, wäre die Kalorienreduktion zu gering, um positive Effekte für die Gesundheit zu bewirken.
So habe die stets als Best-Practice zitierte Softdrink-Steuer in Mexiko nur eine Einsparung von ca. 6 Kalorien täglich (das entspricht einem kleinen Bissen Apfel) gebracht. Auch die Fettsteuer in Dänemark habe keine merkliche Verbesserung auf die öffentliche Gesundheit gezeigt und sei daher wieder abgeschafft worden.
Die Industrie plädiert hingegen für eine Anpassung der Portionsgrößen. „Das ist laut WHO, der OECD und dem McKinsey Global Institute die Maßnahme mit dem weitaus höchsten Impact und der besten Kosteneffizienz im Kampf gegen Übergewicht und Adipositas.“ Auch ein größeres Angebot an kleineren Gebinden könne helfen.
Kommentare