"Zuversicht, erhöhte Vorsicht": EZB hält trotz Risiken Kurs bei

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank
Sparer müssen noch lange auf höhere Zinsen warten. Geld aus auslaufenden Anleihen wird über Zinsschritt hinaus reinvestiert.

"Die Essenz der Beratungen war: Anhaltende Zuversicht, aber bei zunehmender Vorsicht": So fasste EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag die Debatte im obersten Gremium der Europäischen Zentralbank (EZB) über die aktuelle Wirtschaftslage zusammen.

Trotz der etwa höheren Risiken für den Ausblick halten Europas Währungshüter daran fest, endgültig Schluss mit zusätzlichen Anleihenkäufen zu machen: Nur noch bis zum Ende dieses Jahres steckt die EZB  frische Milliarden in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen. Das beschloss der EZB-Rat am Donnerstag in Frankfurt.

Eine abrupte Kehrtwende nach Jahren im Anti-Krisen-Modus ist dennoch nicht zu erwarten: Den Leitzins im Euroraum hält die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, Geschäftsbanken bekommen somit Zentralbankgeld weiterhin zum Nulltarif. Sparer leiden unter der Zinsflaute.

Zinswende nach Herbst 2019

Die Wende hin zu höheren Zinsen wollen die Währungshüter frühestens im Herbst 2019 einläuten. Die EZB bekräftigte, dass die Zinsen bis "mindestens über den Sommer 2019" auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Möglicherweise erfolgt eine Zinserhöhung also erst unter dem Nachfolger von EZB-Präsident Mario Draghi - eventuell sogar erst 2020. Die achtjährige Amtszeit des Italieners läuft Ende Oktober 2019 aus.

Volkswirte rechnen damit, dass die EZB in einem ersten Schritt zunächst die Strafzinsen für Kreditinstitute verringern wird. Derzeit sind für geparktes Geld bei der EZB 0,4 Prozent Strafzinsen fällig.

Sparer müssen sich noch gedulden, ehe es wieder höhere Zinsen gibt. Weil zugleich die Inflation tendenziell wieder anzieht, verlieren Sparer auf mickrig verzinsten Tages- oder Festgeldkonten bares Geld. Andererseits profitieren beispielsweise Hausbauer von vergleichsweise günstigen Kreditkonditionen.

2,6 Billionen Euro

Am Anleihenmarkt wird die EZB noch lange ein großer Spieler bleiben, denn Gelder aus auslaufenden Papieren will die Notenbank wieder investieren - und zwar über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung hinaus. Das Kaufvolumen seit Beginn des Programms im März 2015 bis zum Jahresende beläuft sich auf insgesamt rund 2,6 Billionen Euro.

Ziel ist, auf diesem Weg der Konjunktur in den 19 Euroländern auf die Sprünge zu helfen und zugleich die zwischenzeitlich bedenklich niedrige Teuerung anzuheizen. Mittelfristig strebt die EZB Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das könnte die Konjunktur bremsen. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im November um 2,0 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Grundsätzlich könnten die Währungshüter im Krisenfall erneut wieder Anleihen erwerben. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind die umstrittenen Käufe erlaubt.

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