EU und USA setzen Strafzölle im Airbus-Boeing-Streit aus
Die EU und die USA haben sich auf die vorläufige Aussetzung von gegeneinander verhängten Strafzöllen geeinigt. Die wegen des Streits um Flugzeugbau-Subventionen eingeführten Sonderabgaben sollten als Symbol für einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen den USA und der EU zunächst für einen Zeitraum von vier Monaten nicht angewendet werden, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitagabend nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden mit.
Aus dem Weißen Haus hieß es nach dem Telefonat, beide Seiten wollten auf eine Lösung des lange andauernden Streits hinarbeiten. Die Europäische Union hatte seit dem vergangenen November auf die Einfuhr von zahlreichen Waren aus den USA Strafzölle erhoben. Die von der Welthandelsorganisation WTO genehmigten Sonderabgaben wegen unerlaubter Subventionen für den US-Flugzeugbauer Boeing wurden auf Nahrungs- und Genussmittel wie Tomatenketchup, Nüsse, Rum und Wodka fällig. Zu den betroffene Produkten gehören auch Videospiel-Konsolen, Traktoren, Schaufellader und Flugzeuge.
Zuvor hatten WTO-Schlichter den USA wegen unerlaubter Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus bereits Strafzölle auf Produkte aus der EU im Umfang von 7,5 Mrd. Dollar (6,2 Mrd. Euro) genehmigt. Die USA führten danach Sonderabgaben auf Produkte aus der EU ein. Betroffen waren bis jetzt neben Flugzeugen etwa Wein aus Deutschland und Frankreich, Parmesan aus Italien und Olivenöl aus Spanien.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) zeigte sich über die Suspendierung der Strafzölle erfreut. "Die Aussetzung der Sanktionen Boeing/Airbus Strafzölle ist ein erstes positives Signal der Biden-Regierung und geopolitisch von enormer Bedeutung", so Schramböck am Freitagabend in einer Aussendung. "In Zukunft müssen wir jedoch noch weitere Verbesserungen zugunsten unseres Exports erwirken." In Österreich würden zahlreiche Unternehmen von dieser Aussetzung profitieren, gerade für klein- und mittelständische Unternehmensstruktur seien Handelshemmnisse fatal, sagte die Wirtschaftsministerin.
In einer gemeinsamen Erklärung der EU und der USA hieß es, die vorübergehende Aussetzung der Strafzölle werde in Kraft treten, sobald das interne Prozedere dazu auf beiden Seiten abgeschlossen sei. Die Schritte signalisierten die Entschlossenheit beider Seiten zu einem "Neuanfang der Beziehungen".
Die Reaktionen
Von der Leyen sagte zu der vorläufigen Einigung mit den Amerikanern: "Das ist eine ausgezeichnete Nachricht für Unternehmen und Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks und ein sehr positives Signal für unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit in den kommenden Jahren."
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sprach nach der Ankündigung auf Twitter von einem "entscheidenden Durchbruch, der EU-Exporteuren willkommenen Rückenwind verleiht und beiden Seiten Zeit und Raum gibt, diesen langwierigen Konflikt zu lösen".
Die EU hatte in den vergangenen Monaten stark gehofft, dass sich der neue US-Präsident Biden zu ernsthaften Gesprächen über eine Beilegung des seit Jahren anhaltenden Streits um Subventionen für die Luftfahrtindustrie bereit erklärt. Unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatte es keine Annäherung gegeben.
Trump hatte auch US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte einführen lassen, auf die die EU mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter reagierte. Von deren Aussetzung war zunächst nicht die Rede. Für Verbraucher ist der Handelsstreit ärgerlich, da Sonderzölle zu Preiserhöhungen für die jeweils betroffenen Produkte führen können.
Biden müht sich seit seinem Amtsantritt auf diversen Wegen um versöhnliche Gesten gegenüber verprellten Verbündeten. Mit Blick auf das Telefonat mit von der Leyen hieß es aus dem Weißen Haus, Biden habe seine Unterstützung für die EU betont - und seinen Willen, die transatlantischen Beziehungen zu reparieren und wiederzubeleben.
Erst am Donnerstag war Bidens Regierung im Streit über US-Strafzölle auf einige britische Produkte auch auf die Briten zugegangen und hatte verkündet, die zusätzlichen Abgaben etwa auf schottischen Whisky, Strickwaren sowie Käse- und Schweinefleischprodukte für vier Monate auszusetzen. Großbritannien hatte zu Jahresbeginn als Friedensangebot seinerseits von der EU verhängte Strafzölle auf viele US-Produkte aufgehoben.
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