EU: Grenzenloser Energiemarkt ab 2014

Eine Reihe von Windkraftanlagen auf einem grünen Hügel unter einem hellen Himmel.
Die Kommission plant umfassende Eingriffe in die Energiepolitik der 27 Mitgliedstaaten. Rückschlag für Desertec.

Bankenunion, Fiskalpakt und Co.: Ob zum Guten oder zum Schlechten hängt vom politischen Standpunkt ab - Fakt ist: Die derzeitige Krise schweißt Europa in vielen Politikfeldern noch schneller und enger zusammen. Auch in der Energiepolitik wird eine verstärkte Zusammenarbeit forciert.

Harmonisierung

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger plant weitreichende Eingriffe in die Energiepolitik der 27 EU-Mitgliedstaaten. Der Strommarkt solle stärker europäisiert und die bisherigen Fördersysteme der nationalen Regierungen für einzelne Energieträger harmonisiert werden, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Ein Mann im Anzug gestikuliert vor einem hellblauen Hintergrund.

Oettinger ( Bild) wolle die Pläne noch in dieser Woche in Brüssel vorstellen. Die EU werde Leitlinien für eine europaweite Reform der nationalen Fördersysteme erarbeiten, heißt es in einem Papier des Kommissars. Demnach will die EU den zersplitterten europäischen Energiemarkt bis 2014 einen und den Umbau der Energiewirtschaft forcieren. Innerhalb von drei Jahren sollen Strom und Gas in allen Teilen der EU ohne Grenzen fließen können.

1 Billion Euro

Die Gesamtkosten für die nötige Erneuerung des europäischen Energiesystems - etwa bei Kraftwerken sowie Strom- und Gasleitungen - beziffere die EU auf eine Billion Euro, heißt es in dem Bericht.

Auch das europäisch-afrikanische Wüstenstrom-Projekt Desertec ist aktuell vermehrt in den Schlagzeilen. Desertec soll in Nordafrika Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen, der zunächst in der Region selbst genutzt wird. Später soll er aber auch über neue Leitungen nach Europa transportiert werden.

Die vorwiegend von mitteleuropäischen Firmen wie ABB, RWE, Schott Solar und der Deutschen Bank vorangetriebenen Energiepläne sehen vor, dass Europa bis 2015 rund 15 Prozent seines Stroms aus den sonnenreichen Gebieten Nordafrikas und dem Nahen Osten bezieht. Die Investitionen dafür sollen 400 Mrd. Euro betragen. In den nächsten 20 Jahren sollten 10.000 Megawatt Leistung installiert werden.

Die Pläne gerieten allerdings durch die politischen Unruhen in Nordafrika ins Stocken.

Politikum

Zuletzt schaltete sich die Politik verstärkt in das Vorhaben ein. Medienberichten zufolge wollen die Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Marokkos aufs Gaspedal drücken, um schneller die nötigen Solarkraftwerke zu bauen. Ursprünglich setzten die Projektpartner vor allem auf solarthermische Stromerzeugung aus Sonnenhitze. Der Markt für die Großanlagen ist allerdings zuletzt deutlich zusammengeschmolzen. Siemens kündigte daraufhin an, seine verlustträchtige Solarsparte aufzugeben.

Bosch und Siemens steigen aus

Jüngster Rückschlag: Nach Siemens steigt auch Bosch aus dem Wüstenstromprojekt aus. Bosch hatte zuletzt seine Solarsparte wegen Unsicherheiten der Energiewende infrage gestellt. Die Branche leidet zudem unter einem Preisverfall durch Billigkonkurrenz aus China.

Stichwort China: Die Volksrepublik drängt dahingegen in das Wüstenstromprojekt. Der Netzbetreiber State Grid Corporation of China (SGCC) hat jüngst Interesse an einem Einstieg bekundet. Der weltgrößte Netzbetreiber SGCC könnte Siemens als Miteigentümer ablösen, wenn die Münchner zum Jahresende Desertec den Rücken kehren.

Zudem gab es unter den Gesellschaftern Kritik am Vorgehen der Planungsgesellschaft DII. Denn der Vorstoß ist bei den Projektpartnern umstritten. Damit wachse die Wahrscheinlichkeit, das künftige Großaufträge an Firmen außerhalb des Desertec-Gebiets gingen.

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