Erneuter Schiffsstau in China verzögert Lieferungen

Im Hafen in Ningbo kam es vergangene Woche zu einem Coronafall
Viele Schiffe ändern aufgrund des großen Staus vor dem Hafen Ningbo ihre Routen.

Vor dem chinesischen Hafen Ningbo warten mehr als 50 Containerschiffe auf eine Abfertigung. Das geht aus Angaben des Datenanbieters Refinitiv hervor. Am 10. August wurde bekannt, dass sich ein Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hatte. Daraufhin wurde kurzfristig der Betrieb im Hafen eingestellt. Die Nachwirkungen zeigen sich im internationalen Handel und Schiffverkehr. Unternehmen warnen ihre Kunden bereits vor verzögerten Lieferungen, Schifffahrtsunternehmen passen ihre Routen an und wollen den überlasteten Hafen nicht mehr ansteuern. Darunter befinden sich Schiffe der Konzerne CMA CGM, Maersk und Hapag-Lloyd.

Da die Warteschlangen vor den großen chinesischen Häfen immer größer werden, wächst weltweit die Angst vor zunehmenden Lieferengpässen. Das chinesische Verkehrsministerium hat für alle Häfen angeordnet, spezielle Teams für ausländische Schiffe einzusetzen. Von deren Besatzungen wird verlangt, dass sie Gesundheitszeugnisse oder negative Tests vorlegen, bevor die Fracht gelöscht oder die Schiffe beladen werden können.

Hartes Vorgehen von China

"Chinas Null-Toleranz-Politik ist gut gegen die Pandemie, aber schlecht für die Lieferketten", sagte Dawn Tiura, Chef der Sourcing Industry Group, einem in den USA ansässigen Verband für die Beschaffungsindustrie. "Dieses Timing ist sehr schwierig, wenn man bedenkt, dass neben der bevorstehenden Weihnachtseinkaufssaison auch die Einkäufe zu Schulbeginn zunehmen."

Der Hafenanbieter Ningbo Zhoushan erklärte, dass das tägliche Umschlagvolumen inzwischen wieder etwa 90 Prozent seines durchschnittlichen Juli-Wertes erreiche. Schiffe, die das Terminal anlaufen sollen, werden dennoch zu nahegelegenen Häfen umgeleitet. Shanghai Port etwa zählte dadurch 34 wartende Schiffe, vor dem Hafen Xiamen warten 18 weitere. "China ist ein wichtiger Bestandteil der globalen Lieferketten", sagte Richard Lebovitz, Chef des US-Beratungsunternehmens von LeanDNA. "Jegliche Stilllegungen oder Verzögerungen aus China haben das Potenzial, Fertigwaren um zwei oder drei Ebenen hinauszuzögern."

Elektronikbranche stark betroffen

Die coronabedingte zeitweise Schließung des chinesischen Handelshafens Yantian im Mai und Juni hat der deutschen Wirtschaft zufolge gravierendere Folgen für globalen Lieferketten und Warenströme als zuvor die Schiffshavarie im Suezkanal. Vor allem für die Technik- und Elektronikbranche stellten die zwischenzeitlich bei der Container-Verladung eingetreten Verzögerungen ein Problem dar, wie der deutsche Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) in einer Mitgliederbefragung herausfand. Die Störung der Lieferketten ist ein ernstes Problem für die Handelsnation Deutschland. Fast 64 Prozent der Industriebetriebe klagten in der Juli-Umfrage des Ifo-Instituts über Engpässe bei Vorprodukten wie Chips.

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