Energiesicherheit wird für Standortwahl immer wichtiger

Energiesicherheit wird für Standortwahl immer wichtiger
Laut einer Befragung erwarten europäische Spitzenmanager eine Rückverlagerung von Produktionen nach Europa.

Eine Folge der Corona-Pandemie wird sein, dass die Produktion wichtiger Güter teilweise wieder nach Europa zurückverlagert und Europa als Produktionsstandort wieder an Bedeutung gewinnen wird - das glauben zwei Drittel von rund 300 Spitzenmanagern von größeren Unternehmen, die in Österreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und der Schweiz befragt wurden.

Dementsprechend erwartet die Mehrheit der Wirtschaftsleader (71 Prozent) höhere Investitionen in den Produktionsstandort Europa. Vier von zehn Managern (39 Prozent) sind überzeugt, dass Corona die Grenzen und Nachteile globalisierter Wirtschaftskreisläufe aufgezeigt hat.

Bewertet wurde von den Geschäftsführern und Vorständen der Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten auch die Attraktivität der Länder als Wirtschaftsstandort. "Überraschend war für mich, dass Deutschland so gut bewertet wurde und die Schweiz überholt hat", sagte Rene Siegl, Geschäftsführer der österreichischen Betriebsansiedlungsagentur ABA-Invest in Austria, die die Studie bei der Unternehmensberatung Kreutzer Fischer & Partner in Auftrag gegeben hatte.

Rahmenbedingungen

"Die Energiewende kann es sicher nicht sein", so Siegel, weil deutsche Unternehmen deswegen eher besorgt seien. "Es ist eher so, dass Deutschland die besonders guten Rankings von britischen und von italienischen Unternehmen bekommt", das seien zwei Drittel der Befragten.

Unter den Standorten, die "schon heute die Anforderungen an einen Wirtschaftsstandort der Zukunft" erfüllen, rangiert Österreich in der Umfrage nach Deutschland, der Schweiz, Schweden und den Niederlanden auf Platz fünf, vor Belgien, Finnland, Großbritannien, Tschechien, Spanien, Polen, Italien und Ungarn.

"Das zweite Überraschende für mich war, dass die Sicherheit der Energieversorgung so ein zentraler Standortfaktor ist in der Einschätzung der Manager", sagte Siegl im Gespräch mit der APA. "Ich hätte erwartet, dass Fachkräfte als Thema noch wichtiger genommen werden." 63 Prozent der Befragten glauben, dass Energiesicherheit an Bedeutung gewinnen wird, 60 Prozent meinen, dass es künftig noch wichtiger sein wird, gute Fachkräfte zu finden.

Ebenfalls unerwartet sei gewesen, dass die Verkehrsanbindung in der Wahrnehmung der Manager an Bedeutung verliere - 30 Prozent glauben, dass das der Fall sein wird, während nur 12 Prozent das Gegenteil erwarten.

Sicherheit und Stabilität

Auffallend ist, dass Sicherheit und politische sowie soziale Stabilität in den Ländern der DACH-Regon als sehr wichtige Standortfaktoren angesehen werden, während italienische und britische Manager diesen Faktoren nicht so große Bedeutung beimessen.

An Bedeutung gewinnen werden nach Ansicht der Manager der Digitalisierungsgrad eines Landes und die Forschungsquote, aber auch die Einkommens- und Unternehmensbesteuerung.

Die Rückverlagerung der Produktion nach Europa könnte dazu führen, dass manche Produkte teurer werden, sagte Siegl. "Wenn ich mehr Sicherheit will, dann muss ich meistens für diesen Faktor bezahlen. Eine Diversifikation der Lieferketten sowie höhere Lagerhaltung, um Schwankungen auszugleichen, bedeuten im Normalfall höhere Kosten."

Das müsse nicht unbedingt zu einer geringeren Konkurrenzfähigkeit der europäischen Unternehmen im globalen Wettbewerb führen. "Ich kann mir durchaus vorstellen, dass in Nordamerika ebenso über Diversifikation und Lieferketten nachgedacht wird, und vielleicht auch in manchen anderen Teilen der Welt." Dass am Ende die Konsumenten für manche Produkte etwas mehr bezahlen könnten, "ist durchaus denkbar".

Österreich habe in der Wahrnehmung der Manager als Wirtschaftsstandort an Attraktivität gewonnen, weil Sicherheit und Stabilität sowie Energieversorgung wichtiger geworden seien, sagte Siegl. Geholfen hätten auch die Arbeitszeit-Flexibilisierung in Richtung 12-Stunden-Tag oder die Erhöhung der Forschungsprämie. Eine Arbeitszeitverkürzung bei teilweisem Lohnausgleich wäre hingegen nicht hilfreich. "Jede Verteuerung der Arbeitskosten ist an einem der teuersten Standorte der Welt sicherlich von negativer Auswirkung im Standortwettbewerb. Die Höhe der Lohnkosten ist jetzt schon einer der gravierenden Nachteile, die wir haben."

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