Elterndiskriminierung: Teilzeit-Väter haben’s schwer

Männer, die ihre Arbeitszeit reduzieren, werden oft diskriminiert, weil sie von Rollenerwartungen abweichen
Rollenklischees, Vorurteile, fehlende Standards: Studie sieht kaum Fortschritte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

So hat sich Xaver Maier (Name von der Redaktion geändert, Anm.) seine Elternteilzeit ein Jahr nach der Geburt seines Kindes nicht vorgestellt: In der Firma erhält der Teamleiter nur noch demütigende Aufgaben, neben seinem Büro stellen Kollegen einen Schmutzwäscheständer auf. Und Vorgesetzte wetten, wie lange der Vater durchhält. Weil er auch nach seiner Rückkehr aus der Teilzeit noch schikaniert wird, kündigt Maier und klagt auf Diskriminierung. Seit Kurzem liegt das rechtskräftige Urteil zu seinem Gunsten vor. Die Firma muss ihm 3.000 Euro Schadenersatz zahlen.

„Im Unternehmen sollte ein abschreckendes Beispiel für Teilzeit-Väter statuiert werden“, erläutert Gleichbehandlungsanwältin Sabine Wagner-Steinrigl, die den Fall betreute. Der Chef wollte nicht, dass ein Mann zu Hause beim Kind bleibt.

150 Beschwerdefälle

Leider kein Einzelfall. Obwohl das Gleichbehandlungsgesetz Mütter und Väter vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schützt, gebe es nach wie vor erhebliche „strukturelle Probleme“ in der österreichischen Arbeitskultur, berichtet die Anwältin dem KURIER. 150 Beschwerdefälle landeten in den vergangenen zwei Jahren bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft, davon 134 von Frauen und 16 von Männern.

Mehr Freizeit
Elternteilzeit ist ein gesetzlich geregelter Anspruch auf eine Herabsetzung der bisherigen Arbeitszeit  um zumindest 20 Prozent. Mindestens müssen  12 Stunden pro Woche gearbeitet werden.

Anspruch
Einen Rechtsanspruch haben alle Arbeitnehmer/innen in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern,  die bereits länger als drei Jahre ununterbrochen dort gearbeitet haben. Bei kleineren Betrieben oder kürzerer Beschäftigung muss Elternteilzeit einvernehmlich vereinbart werden.

Dauer
Maximal bis zum 7. Geburtstag des Kindes. Es gibt in dieser Zeit Kündigungs- und Entlassungsschutz bis zum 4. Geburtstag und einen Motivkündigungsschutz bis zum 7. Geburtstag.

Mehr Fälle gibt es nur bei der sexuellen Belästigung und bei Entgeltfragen. Auch wenn die Zahl niedrig erscheint, der Großteil der Betroffenen würde auf rechtliche Schritte gegen den Arbeitgeber verzichten, weiß Wagner-Steinrigl. Finanzielles Risiko und die Belastung eines Gerichtsverfahrens nehmen nur wenige in Kauf.

Elterndiskriminierung: Teilzeit-Väter haben’s schwer

Eine Studie der L&R Sozialforschung im Rahmen des EU-Projekts parents@work kommt zum Schluss, dass sich die Rahmenbedingungen für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf kaum verbessert haben. Vor allem folgende Faktoren führen zur Benachteiligung der Eltern:

- Rollenklischees

Vorstellungen von typisch „männlichen“ und „weiblichen“ Berufskarrieren sind nach wie vor stark in Betrieben verankert. Männer, die Arbeitszeit reduzieren, weichen von ihrer zugewiesenen „Ernährer-Rolle“ ab und erleben Diskriminierung. Frauen wiederum werden diskriminiert, weil sie mit Kind weiter Karriereambitionen zeigen und damit vom weiblichen Klischee abweichen.

- Fehlende Standards

In vielen Betrieben fehlen professionelle Standards im Umgang mit Vereinbarkeitsthemen, weshalb Führungskräfte häufig individuell zulasten der Eltern entscheiden. Damit hängt der Umgang mit Eltern an den bisherigen Erfahrungen und ist der Willkür ausgeliefert. Eltern werden so leicht als Mitarbeiter mit Sonderwünschen abgestempelt.

- Vollzeit als Norm

Prinzipiell herrscht in der Arbeitswelt eine starke „Vollzeitnorm“ vor, die Teilzeit als „nicht vollwertig“ betrachtet. Eine Führungsposition in Teilzeit auszuüben, wird daher häufig als unmöglich beurteilt.

- Vorurteile

Elternschaft wird generell als „Manko“ für die Ausübung eines Jobs betrachtet, das Probleme schafft. Der Wunsch nach besserer Vereinbarkeit wird nicht selten als Arbeitsunwilligkeit interpretiert.

Um Diskriminierung einzudämmen, brauche es ein „Potpourri an gesetzlichen Maßnahmen“, so Wagner-Steinrigl. Sie verweist auf eine EU-Richtlinie zur besseren Vereinbarkeit, die Österreich noch immer nicht umgesetzt hat. Auch eigene Beratungsstellen etwa für den Wiedereinstieg nach der Karenz wären nötig.

Kommentare