Deutsche Inflation steigt auf 7,9 Prozent: EZB vor "Jumbo-Zinsschritt"?
Die Inflation in Deutschland ist trotz Tankrabatts und 9-Euro-Tickets wieder kräftig auf dem Vormarsch. Waren und Dienstleistungen waren im August durchschnittlich um 7,9 Prozent teurer als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Insbesondere hohe Energie- und Lebensmittelpreise treiben die Lebenshaltungskosten nach oben. Zuvor war die Inflation zwei Monate in Folge abgeflaut.
Dabei wirkten die staatlichen Maßnahmen zur Entlastung der Verbraucher noch als Dämpfer. Obwohl diese erst am Mittwoch auslaufen, zogen die Verbraucherpreise nun schon an. Dies gilt als schlechtes Omen für den Herbst, der mit der Gasumlage weitere Belastungen für die Bürger bringen wird.
"Mit 7,9 Prozent ist die Inflation im August knapp an einem neuen 70-Jahreshoch vorbeigeschrammt", sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Bereits im Mai hatten sich Waren und Dienstleistungen mit 7,9 Prozent so stark verteuert wie seit den frühen 1970er-Jahren nicht mehr. Dann drückten Tank-Rabatt und 9-Euro-Ticket die Inflation im Juni auf 7,6 und im Juli auf 7,5 Prozent. Krämer erwartet, dass sie bis zum Jahresende sogar auf zehn Prozent steigt.
Preise noch nicht beim Endkunden angekommen
"Die jüngst noch einmal stark gestiegenen Börsenpreise für Erdgas sind noch bei weitem nicht vollständig bei den Verbrauchern angekommen", sagte Berenberg-Bank-Ökonom Salomon Fiedler. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine seien insbesondere die Preise für Energie merklich angestiegen und beeinflussten die hohe Inflationsrate erheblich, erklärte das deutsche Statistikamt. Im August waren die Energiepreise 35,6 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Auch die Preise für Nahrungsmittel stiegen mit 16,6 Prozent überdurchschnittlich.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist mit Blick auf den Preisauftrieb im gesamten Euroraum alarmiert, der im August laut Experten die 9-Prozent-Marke erreichen dürfte. Für die nächste Ratssitzung der EZB am 8. September wird am Geldmarkt inzwischen auch auf einen sehr großer Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten spekuliert. Eine Anhebung um einen halben Punkt auf 1,0 Prozent ist bereits fest in den Kursen eingerechnet.
"Mit Blick auf die Geldpolitik im Euroraum spielen die heutigen Daten erneut den Befürwortern einer rigorosen weiteren Straffung in die Karten", meint LBBW-Ökonom Elmar Völker. Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank verweist darauf, dass Verbraucher und Unternehmer sich Sorgen machten, ob die EZB ihrem Auftrag der Preisstabilität nachkomme: "Gemessen an der aktuellen Inflationsrate und dem, was noch ins Haus steht, müsste die EZB eigentlichen einen Jumbo-Zinsschritt lancieren."
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