Der Poltergeist des Wirtschaftsbundes

Franz Hörl, 66
Er hat es wieder getan. Mit der Forderung nach einem Werbeverbot für Flugreisen und einer Sondersteuer für besonders umweltschädliche Urlaubsformen mischte Franz Hörl den Tourismus ordentlich auf. Kein Spitzenfunktionär des Wirtschaftsbundes polarisiert derart wie der Zillertaler Unternehmer und Obmann der Seilbahn-Wirtschaft. Geht es um die Interessen der Seilbahnen und des Wintertourismus, kennt der 66-Jährige keinen Pardon und teilt gerne verbal kräftig aus.
Aus Lust an der Provokation? „Nein, es war der Frust über die unfaire Behandlung des Wintertourismus“, sagt Hörl im Gespräch mit dem KURIER. Ihm sei die korrekte Darstellung der Umweltrelevanz aller Arten von Reisen ein Anliegen. Dabei habe er vielleicht doch etwas überzeichnet, natürlich wolle er keine Werbeverbote oder neuen Steuern, räumt Hörl einen Tag nach dem selbst inszenierten Wirbel ein. Er habe mit seinem „Aufschrei“ nur die Verhältnisse klarstellen wollen, denn wochenlang sei der Wintersport in Sachen Energieverbrauch wie ein Aussätziger behandelt worden. Wo doch nur 0,33 Prozent des gesamten Energieverbrauchs von Österreich auf Seilbahnen und Beschneiung aller Pisten im Land entfallen würden.Doch Hörl ist nicht nur Seilbahn-Lobbyist, sondern auch Tourismussprecher der ÖVP. Zu Städtereisen oder Kultur-Tourismus hört man freilich wenig von ihm. Zwar fest verankert in der Tiroler ÖVP, hat Hörl in der Bundespartei etliche Kritiker.
Parteifreunde monieren, der Obmann des Tiroler Wirtschaftsbundes poltere zu viel und lobbyiere nur für den Wintersport, es sei Zeit für einen Generationenwechsel.
„Gott sei Dank gibt es Kritiker. Welche Agenda hat man denn, wenn man keine Kritiker hat?“, nimmt es Hörl gelassen. Er lasse sich nicht vorwerfen, nur für die Seilbahnen zu reden. Er vertrete den gesamten Tourismus, den österreichischen wohlgemerkt, nicht die Kreuzfahrtschiffe oder die Malediven.
Wenn die Partei aber einen anderen Tourismussprecher wolle, dann stehe er nicht im Wege. Kein Thema dagegen ist für ihn ein Abgang aus dem Nationalrat, in dem er auf einem Tiroler Ticket sitzt. „Diese Frage stellt sich nicht. Natürlich bin ich am Abend manchmal müde“, aber er sei nach wie vor voller Tatendrang. Schließlich sei er nach Wien entsandt worden, um sich für die Anliegen des Tourismus einzusetzen, „auch wenn’s nicht jedem passt“, meint der Liftkaiser und Hotelier, dessen Uniform in Wien der korrekte Dreiteiler ist.
Der Wirtschaftsbund hält Hörl die Treue. „Er ist absolut professionell, wahnsinnig fleißig und man kann sich hundertprozentig auf ihn verlassen“, verteidigen ihn führende Funktionäre. Nachsatz: „Aber natürlich polarisiert er oft brutal und steigt fest in die Fettnäpfchen.“ Hörl habe nur Freunde oder Feinde, kalt lasse er niemanden.
An die Spitze des Tiroler Wirtschaftsbundes gelangte Hörl in einer (äußerst seltenen) Kampfabstimmung. Der wirtschaftspolitische Kurs des langjährigen Chefs Jürgen Bodenseer war ihm zu kuschelig.
In Gerlos gehört dem gelernten Koch Hörl gemeinsam mit Ehefrau und Schwester das Vier-Sterne-Hotel Gaspingerhof. Er ist mit 25 Prozent größter Gesellschafter der Gerloser Bergbahnen mit Beteiligungen an weiteren Skigebieten der Region, die vor Corona 18 Umsatzmillionen und einen operativen Gewinn von knapp zwei Millionen Euro einfuhren, aber auch mehr als 38 Millionen Euro Verbindlichkeiten haben.
Putzfrauen-Sager
Seinen „blödesten Spruch“ bereue er übrigens heute noch zutiefst, er habe sich etliche Male entschuldigt und tue dies hiermit wieder, beteuert Hörl. Auf eine Frage im Budget-Unterausschuss, wie viele Frauen im Landwirtschaftsministerium arbeiten, platzte er heraus: „Ein paar Putzfrauen werden wir schon angestellt haben.“ Ausgerechnet am Weltputzfrauentag.
Dafür, dass er eine Professorin, die ein Gutachten gegen die Verbindung der Skigebiete St. Anton und Kappl erstellt hatte, als „Landschaftsgärtnerin“ abkanzelte, hat er sich nicht entschuldigt. Sie sei fachlich nicht zuständig. Er sei aber keineswegs frauenfeindlich, im Gegenteil, verweist Hörl auf die weibliche Mehrheit im Tiroler Wirtschaftsbund.
Trotzdem, „gesagt ist gesagt, da gibt’s nachher nichts zum Herumschwurbeln“, hält es Hörl mit dem alten Jägerspruch: „Ist die Kugel erst aus dem Lauf, hält kein Teufel sie mehr auf.“
andrea.hodoschek

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