Deal fix: Wiener Stadtwerke dürfen bei EVN einsteigen

Der Ausblick für das Konzernergebnis im Gesamtjahr wurde heute am oberen Ende der angenommenen von 160 bis 180 Mio. Euro bestätigt. Im Geschäftsjahr 2017/18 erzielte die EVN ein Konzernergebnis von 254,6 Mio. Euro.
Wettbewerbshüter winken 28,35-%-Einstieg durch. Aber gesonderte Prüfung für Vertriebskooperation EnergieAllianz

Der im März fixierte Einstieg der Wiener Stadtwerke beim niederösterreichischen Energiekonzern EVN stößt auf keine wettbewerbsrechtliche Bedenken. Die Wiener dürfen daher 28,35 Prozent der EVN-Anteile erwerben und werden damit zweitgrößter Aktionär nach dem Land Niederösterreich, das 51 Prozent hält.

Dies gab die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nach eingehender Prüfung des Deals bekannt. "Die Prüfung des Zusammenschlusses ergab keinen Hinweis auf wettbewerbsrechtliche Bedenken hinsichtlich des unmittelbaren Fusionsvorgangs", hieß es am Freitag auf der Homepage. Bedenken hat man bei der BWB jedoch zur gemeinsamen Vertriebskooperation EnergieAllianz (EAA) von EVN und Wienern.

Geringfügige Konzentration

Es sei durch den Deal "nicht mit einer kritischen Erhöhung der Marktkonzentration zu rechnen", erklärte die BWB, da nur geringfügige Überschneidungen zwischen den Wiener Stadtwerken und der EVN bestünden und weil es sich um eine nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligung handle. Eine umfassende Marktuntersuchung habe keine Hinweise auf wettbewerbliche Bedenken geliefert. "Die befragten Marktteilnehmer sahen grundsätzlich keine oder keine negativen Auswirkungen durch den Zusammenschluss", heißt es.

Allerdings "stolperten" die Wettbewerbsprüfer über die seit Jahren bestehende Vertriebskooperation für Strom und Gas, die seit Jahrzehnten besteht und an der die Stadtwerke-Tochter Wien Energie und die EVN je 45 Prozent halten (10 Prozent die Energie Burgenland). Es werde nämlich, so die BWB in ihrer "abschließenden Beurteilung", "eine gesonderte wettbewerbsrechtliche Prüfung der EAA sowie der zugrundeliegenden Entscheidung des Kartellgerichts, insbesondere der im Zuge der Gründung der EAA im Jahr 2001 zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen Nebenabreden und sonstigen Vereinbarungen sowie der seinerzeit getroffenen Prognoseentscheidungen und Marktabgrenzung, angezeigt sein".

Preisentwicklung

Zwar seien für 2003 bis 2020 keine unmittelbaren Strompreis-Effekte durch die EAA festgestellt worden, so die BWB, "allerdings könnte das aufgezeigte Ost-West-Gefälle bei den Stromgesamtpreisen sowie beim Einsparungspotenzial ein Hinweis auf eine preistreibende Wirkung der Wettbewerbsbeschränkungen durch die EAA sein". In einer Marktbefragung durch die BWB äußerte ein Mitbewerber, dass die EAA bisher nicht als aggressiver Marktakteur aufgefallen sei. Andere Konkurrenten sahen eine Ausweitung der Geschäftsaktivität der EAA auf andere Bereiche als die Endkundenversorgung von Strom und Gas als Folge des Zusammenschlusses.

Die vorläufige Prüfung der Preisentwicklung in den seit 2001 umfassten Energieversorgungsmärkten hat laut BWB gezeigt, dass seither Strom zwar für Endkunden im Gebiet der EAA mitunter etwas teurer war als im Österreich-Schnitt, "signifikant höhere Preise als Auswirkung der EAA konnten daraus allerdings nicht abgeleitet werden". In den vergangenen Jahren seien die Preise der von EVN, Wien Energie und Energie Burgenland getragenen EAA rund um den Durchschnittspreis der anderen lokalen Anbieter gelegen. Im Vergleich zum jeweils günstigsten lokalen Stromanbieter habe die EAA seit 2010 im Schnitt 13,77 Prozent mehr verrechnet.

Die beiden Versorger

Die Wiener Stadtwerke - mit 3 Mrd. Euro Umsatz und 15.000 Beschäftigten Österreichs größter kommunaler Infrastrukturdienstleister - belieferten zuletzt nach Angaben von März knapp 2 Millionen Kunden mit Strom, Gas und Fernwärme. Die EVN setzte jährlich zuletzt 2,2 Mrd. Euro mit 6.900 Mitarbeitern um und zählte 4,7 Millionen Kunden (2 Mio. in Österreich, 1,8 Mio. in Bulgarien, 900.000 in Nordmazedonien).

Beim Stadtwerke-Einstieg bei den EVN handelt es sich um eine reine Finanzbeteiligung, die dem Käufer keine Kontrolle ermöglicht, so die BWB. Das hatten auch die zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien stehenden Stadtwerke, größter regionaler Energieversorger in Österreich, betont: Man sehe den Einstieg als langfristige Investition und Finanzbeteiligung, um die Pensionen der Mitarbeiter abzusichern, hieß es Anfang März.

Kaufpreis

Zum Kaufpreis mache man keine Angaben, hatten der Anteilsverkäufer EnBW und die Wiener Stadtwerke bei der Bekanntgabe des Deals am 5. März erklärt. In Medienberichten wurden damals rund 870 Mio. Euro kolportiert. Die Marktkapitalisierung der gesamten EVN an der Börse betrug Freitagvormittag 2,54 Mrd. Euro.

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