Corona-Krise macht Europas Manager ärmer
Die Gehälter der Vorstandschefs von Europas wichtigsten Unternehmen sind in der Coronakrise auf den niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre gesunken. Im Schnitt verdienten die Top-Manager der 62 in den führenden Börsenindizes Stoxx Europe 50 und Euro Stoxx 50 vertretenen Konzernen im vergangenen Jahr 5,31 Millionen Euro, um zwölf Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie aus einer Studie der Vergütungsberatung hkp hervorgeht.
Verzicht leisten
Dabei kommt ihnen zugute, dass ihre Direktvergütungen - also Fixgehalt, kurzfristige Boni und neu erworbenen Ansprüche auf langfristige Boni - nur zu 30 Prozent erfolgsabhängig sind. Denn die Nettogewinne der von ihnen geführten Unternehmen sind im Coronajahr 2020 um fast die Hälfte eingebrochen.
Am stärksten zu spüren bekamen die Vorstandschefs das über ihre Jahresboni, die im Schnitt um 27 Prozent zurückgingen, wie hkp errechnet hat. Aber auch der freiwillige Verzicht auf Boni oder auf Teile des Fixgehalts, der vor allem in Frankreich und Spanien populär war, spielte eine Rolle, wie hkp-Partnerin Regine Siepmann analysiert hat.
31 Prozent der europäischen Top-Manager leisteten in der einen oder anderen Weise Verzicht, vor allem in den Konsumgüter-Branchen, die von der Krise besonders betroffen waren. Deshalb klaffen die Managergehälter auch weiter auseinander als sonst: In der Gesundheits- und der IT-Branche sind sie im Schnitt sogar gestiegen.
Top-Verdiener bleiben top
Die beiden Top-Verdiener blieben aber die gleichen wie 2019: Der Chef des amerikanisch-deutschen Gasekonzerns Linde, Steve Angel, rangiert mit 13,9 (2019: 16,5) Millionen Euro an der Spitze, hat aber Einbußen hinnehmen müssen. Einschließlich der ausgezahlten Boni aus den Vorjahren landeten mehr als 50 Millionen Euro auf seinem Gehaltskonto. "Ein Amerikaner mit einer amerikanischen Vergütung", fasst Beraterin Siepmann zusammen.
Unter den Mitgliedern des Dow-Jones-Index wäre Angel nicht einmal Durchschnitt: Der Mittelwert dort liegt nach Berechnungen von hkp bei umgerechnet 17,7 Millionen Euro. Top-Verdiener dort ist Microsoft-Chef-Chef Satya Nadella mit 38,8 Millionen, und selbst das Schlusslicht, Chris Kempczinski von McDonald's, läge in Europa mit 9,2 Millionen in der Spitzengruppe.
Die Nummer zwei in Europa ist weiterhin Roche-Chef Severin Schwan, der seine Direktvergütung 2020 mit 13 Millionen Euro stabil hielt. Nestle-Chef Ulf Schneider rangiert mit 9,4 Millionen Euro auf Platz vier. In der Schweiz wurde auch 2020 gut bezahlt: Insgesamt vier CEO aus der Alpenrepublik sind unter den "Top Ten". Zwei sind Vorstandschefs von Großkonzernen mit Sitz in Deutschland: Herbert Diess verdiente bei Volkswagen 7,7 Millionen Euro (Platz acht), Tim Höttges kassierte bei der Deutschen Telekom knapp 7,4 Millionen Euro (Platz zehn).
Aufsichtsratschef weniger betroffen
Einen Absturz erlebte der Chef des in Belgien angesiedelten Brauereiriesen Anheuser-Busch InBev: 2018 war der Brasilianer Carlos Brito mit 32,7 Millionen Euro Europas Gehaltsspitzenreiter, 2020 kam er mit 1,24 Millionen auf dem drittletzten Platz. Doch Brito kann das verschmerzen - ihm wurden gleichzeitig 93,8 Millionen Euro Langfrist-Boni aus früheren Jahren gutgeschrieben.
Die Aufsichtsratschefs (Chairmen) in Europa waren von der Coronakrise weitgehend unbelastet. Ihre Vergütungen, die vom Unternehmenserfolg kaum abhängen, stiegen im Durchschnitt sogar um sechs Prozent. Unangefochten vorn stehen fünf Manager aus der Schweiz, wo der Verwaltungsratschef eine herausgehobenere Rolle spielt als in anderen Ländern. Dabei haben die Spitzenreiter deutsche Wurzeln: Der ehemalige Lufthansa-Chef Christoph Franz verdiente bei Roche 4,7 Millionen Euro, Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber bei der UBS 4,6 Millionen.
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