Chinas BIP wuchs im zweiten Quartal um 3,2 Prozent

China scheint das Coronavirus in den Griff zu bekommen
Das Wachstum geht auf die Erholung der heimischer Nachfrage, der Industrieproduktion und der Dienstleistungen zurück.

Erstmals seit dem Ausbruch des neuen Coronavirus ist Chinas Wirtschaft wieder gewachsen. Wie das Pekinger Statistikamt am Donnerstag mitteilte, legte die Wirtschaft im zweiten Quartal deutlich um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Damit fiel die Erholung etwas stärker aus, als Experten erwartet hatten.

Wegen der Coronapandemie hatte die zweitgrößte Volkswirtschaft zuvor einen historischen Einbruch erlebt. Zum ersten Mal seit Beginn der offiziellen Aufzeichnungen im Jahr 1992 hatte China im ersten Quartal ein negatives Wirtschaftswachstum von 6,8 Prozent verzeichnet. Unterm Strich ergibt sich damit ein Minus von 1,6 Prozent im ersten Halbjahr, wie das Statistikamt weiter mitteilte.

Das Wachstum im zweiten Quartal fällt für chinesische Verhältnisse noch immer zart aus. Die Wirtschaft der Volksrepublik war im vergangenen Jahr um 6,1 Prozent gewachsen. Vor dem Hintergrund der globalen Coronapandemie werten Analysten die neuen Wachstumszahlen dennoch als klares Zeichen der Erholung.

Pandemie unter Kontrolle

Chinas Wirtschaft springt wieder an, weil das Land die Pandemie weitgehend unter Kontrolle gebracht hat. Es gibt kaum noch neue Infektionen, sodass sich das Leben und die Wirtschaftstätigkeit normalisieren. Der Aufschwung wird angetrieben von der heimischen Nachfrage sowie einer Zunahme der Industrieproduktion und Dienstleistungen. Deutlich machen sich die Stützungsmaßnahmen bemerkbar, die die Regierung wegen des Coronaausbruchs auf den Weg gebracht hatte.

Die Wirtschaft zeige einen "stetigen Erholungstrend", sagte Liu Aihua, eine Sprecherin des Statistikbüros, anlässlich der Veröffentlichung der Konjunkturdaten am Donnerstag. "Gleichzeitig müssen wir auch sehen, dass einige Indikatoren immer noch rückläufig sind", warnte die Sprecherin weiter. Auch breite sich die Pandemie global weiterhin aus. Es werde deshalb mit "enormen Auswirkungen" auf die Weltwirtschaft gerechnet. Die externen Risikofaktoren für Chinas Wirtschaft hätten erheblich zugenommen.

Außenhandel

Dass es langsam wieder aufwärts geht, machten bereits am Dienstag die neuen Zahlen für den Außenhandel deutlich: Exporte und Importe der größten Handelsnation lagen im Juni erstmals wieder im Plus.

Die Ausfuhren - in US-Dollar berechnet - stiegen um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Einfuhren wuchsen unerwartet stark um 2,7 Prozent. Eigentlich hatten Experten mit einem starken Minus der Importe wie in den Vormonaten gerechnet.
Trotz der Besserung muss sich Chinas Wirtschaft weiter auf schwer kalkulierbare Risiken einstellen. Experten nennen etwa die Ungewissheiten wegen der Streitigkeiten mit den USA im Handel und im Technologiesektor sowie einen möglichen weiteren Rückgang der Weltwirtschaft. Viele Unternehmen kämpfen weiter ums Überleben, Millionen Menschen sind arbeitslos. Auch besteht die Gefahr einer neuen Coronawelle im Herbst oder Winter, wenn sich das Wetter abkühlt.

"Die gute Nachricht ist: Die Erholung des chinesischen BIP ist beeindruckend und schlägt die Erwartungen", kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, die Daten aus Peking. Richtig Freude komme aber nicht auf. Die zeitgleich veröffentlichten Einzelhandelsdaten für den Juni zeigten, dass nicht alle Bereiche der Wirtschaft gleichermaßen nach oben ziehen. Die Einzelhandelsumsätze fielen im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,8 Prozent. "Die Coronakrise kann also selbst das normalerweise wachstumsstarke China nicht so einfach abschütteln", sagte Gitzel.

Die Industrie nimmt weiter Fahrt auf. Die Produktion stieg im Juni gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozent, wie offizielle Daten am Donnerstag zeigten.

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