Booking-Chef zu Klagen: "Sehe keinen Grund, gegen uns vorzugehen"

Von Dominik Bath
Aus seinem Büro im New Yorker Empire State Building schaltet sich Booking-Vorstandschef Glenn Fogel in den Videocall und verrät im Interview mit der Funke Mediengruppe, was er von der bevorstehenden Sammelklage zahlreicher europäischer Hotels hält – und was er den USA mit Blick auf die dort sinkenden Touristenzahlen empfiehlt.
KURIER: Europas Hotellerie geht gegen Booking.com vor Gericht und fordert Schadenersatz für die jahrelang erzwungenen Preisbindungen. Wie blicken Sie auf diese Sammelklage?
Glenn Fogel: Noch gibt es keine Klage. Man redet darüber, das zu tun. Und gerade sucht man noch nach Hotels, die sich daran beteiligen. Ich sehe keinen Grund dafür, gegen Booking vorzugehen. Aus welchem Anlass denn? Es gab und gibt doch keinen Zwang, ein Hotelzimmer über unsere Plattform anzubieten.
Aber über Booking erreichen die Hotels viele mögliche Gäste.
Wir geben viel Geld aus, damit die Reisenden zu unseren Partnern kommen. Und das Einzige, was wir in der Vergangenheit verlangt hatten, war, dass Menschen, die über unsere Plattform gebucht haben, dann auch denselben Preis bekamen, den das Hotel auf der eigenen Internetseite anbot. Das sind die Paritätsklauseln, die wir früher im Europäischen Wirtschaftsraum hatten. Wäre das nicht so gewesen, hätten wir all unsere Arbeit umsonst gemacht – und die Menschen eventuell eben nicht über uns gebucht. Und wenn ein Hotel nicht mit unseren Bedingungen einverstanden ist, muss es nicht bei Booking gelistet sein.
Und die Provision, die Booking nimmt, ist angebracht?
Die Provision ist marktüblich. Würden wir viel mehr nehmen als Wettbewerber und weniger bieten, blieben die Hotels eben weg. Ich finde, unser Produkt ist sehr wertvoll und hat somit eben auch seinen Preis. Sehen Sie, wir besorgen einem Hotel in München zum Beispiel Übernachtungsgäste aus Japan. Wir schalten dafür Anzeigen auf Japanisch, machen den Kundenservice auf Japanisch und akzeptieren japanische Zahlungsmittel. Wir machen all das für die Hotels. Und wenn wir dann von 100 Euro Übernachtungspreis 15 Euro abbekommen, ist das eine faire Sache für das, was wir leisten.

Glenn Fogel
Buchungen legten zuletzt zu, der Gewinn von Booking auch. Warum lassen sich die Menschen angesichts von Krisen und Katastrophen auf der Welt nicht vom Reisen abhalten?
Kaum auszudenken, wie die Zahlen wären, wenn es all diese Probleme nicht geben würde. Aber richtig, es sind Zahlen, die keinen Zweifel lassen, dass Menschen Lust haben zu verreisen. Ich denke, dass eine Reise etwas ist, das in der menschlichen DNA liegt. Menschen wollen gewissermaßen wissen, was da ist hinter dem nächsten großen Hügel. Das war schon immer so und das wird auch immer so sein.
Sie sind US-Bürger. Sind die USA gerade ein Land, in dem Touristen willkommen sind?
Die Zahl der Touristen, die derzeit in die USA reist, ist ziemlich eingebrochen. Für uns ist das kein Problem, denn wir sind global aufgestellt. Dann reisen die Europäer eben vielleicht nach Thailand anstatt in die USA. Aber für die Amerikaner, die vom Tourismus leben, ist es hart. Man könnte insgesamt sicherlich einen freundlicheren Eindruck vermitteln.
Hat der US-Tourismus ein Trump-Problem?
Es gibt sicherlich viele Gründe dafür, warum einige Touristen derzeit lieber nicht in die USA reisen. Vielleicht liegt das an den Nachrichten, die man so liest. Vielleicht liegt es auch am Prozess der Einreise und den Problemen, die es dabei manchmal gibt. Das könnte Menschen abhalten. Die US-Tourismusbranche wird darüber besorgt sein, vor allem vor dem Hintergrund der großen Sportereignisse, die anstehen – die Fußballmeisterschaft der Männer und die Olympischen Spiele. Fakt ist: Wenn die US-Regierung jetzt nicht bald etwas unternimmt, um das eigene Land als Reiseziel zu bewerben, fällt man zurück. Dann geben die Menschen ihr Geld eben woanders aus.
Wären Sie mit Blick auf diese Ereignisse dafür, Hürden für die Einreise in die USA zu senken?
Man sollte sich darum bemühen, dass man weniger Ärger bei der Einreise hat. Gleichzeitig gibt es natürlich ein Sicherheitsbedürfnis seitens der USA, das ich respektiere. Tatsächlich kann man ja auch in anderen Ländern Schwierigkeiten bei der Einreise haben. Letzten Sommer war ich in Brüssel. Da habe ich vier Stunden in der Warteschlange verbracht, bis ich durch war. Das war schrecklich.
Relativ jung ist das Booking-Geschäft mit Erlebnissen und Attraktionen. Warum ist dieses Segment wichtig?
Wenn die Menschen in den Urlaub fahren, bleiben sie ja nicht auf ihren Hotelzimmern, sondern wollen etwas erleben. Wer zum Beispiel nach Amsterdam reist, hat vielleicht das Bedürfnis, an einem Tag das bekannte Rijksmuseum zu besuchen und an einem anderen Tag eine Kanalfahrt zu machen. Bei uns gibt es das aus einer Hand. Perspektivisch kann ich mir vorstellen, dass wir dem Reisenden helfen, so etwas noch besser zu planen, etwa mit Blick auf das Wetter. Das heißt: Museumstag, wenn es regnet und der Bootsausflug bei besserem Wetter. Dafür wollen wir unsere KI-Fähigkeiten und all unser gesammeltes Datenwissen nutzen, um unseren Service noch besser zu machen.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) schon jetzt bei Hotelbuchungen?
Unser KI-Reiseplaner wird immer stärker genutzt. Früher musste man Kreuzchen machen, bei den Dingen, die einem wichtig waren, um die Suche zu filtern: Fitnessraum, Drei-Sterne-Hotel und so weiter. Heute führt man gewissermaßen eine Unterhaltung mit unserem KI-Tool – und wir machen dann genau die Vorschläge, die sich der Kunde für seinen Urlaub vorstellt.
Auf Portalen wie Booking.com können Nutzer eine Vielzahl an Unterkünften direkt buchen. Für jede erfolgreiche Vermittlung über die Seite bezahlt das Hotel eine Provision. Beim Zimmerpreis wird das einkalkuliert – der Nutzer zahlt also indirekt.
Bei Buchungen direkt beim Hotel schlägt so eine Provision naturgemäß nicht zu Buche. Hier könnten die Zimmer also billiger sein. An diesem Punkt setzten die sogenannten Bestpreisklauseln von Booking.com an, die es Hotels untersagten, Zimmer über eigene Vertriebskanäle günstiger anzubieten. Die Preisklauseln wurden mittlerweile vom EuGH verboten.
Daraus ergeben sich laut europäischem Hotelverband Hotrec für Hotels Schadensersatzansprüche. Er hat daher eine Sammelklage organisiert, an der sich bereits rund 10.000 Hotels angeschlossen haben, darunter auch 400 aus Österreich.
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