Sammelklage: Europäische Hotels formieren sich gegen Booking

Schadenersatzforderungen in konzertierter Form könnten der Buchungsplattform Booking.com teuer zu stehen kommen. Europäische Hotelverbände aus 26 EU-Ländern schließen sich zusammen, um eine europäische Sammelklage einzureichen. In Österreich rufen die Österreichische Hotelvereinigung (ÖHV) und der Fachverband Hotellerie in der Wirtschaftskammer heimische Hoteliers dazu auf, sich der Sammelklage anzuschließen.
Die Hotels tragen weder Kosten noch Risiken, so die ÖHV, der Prozessfinanzierer verdiene nur im Erfolgsfall mit. Hotels können sich bis Ende Juli unter www.mybookingclaim.com registrieren.
Grund für die gemeinsame Aktion ist die so genannte „Bestpreisklausel“, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. September 2024 gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstößt. Betreiber von Online-Plattformen zur Buchung von Beherbergungsdienstleistungen dürfen Beherbergungsbetriebe nicht mehr dazu verpflichten, auf deren Plattform denselben oder einen tieferen Preis anzubieten als den Gästen, die direkt bei ihrem Beherbergungsbetrieb buchen.
Schadenersatzansprüche gehen in die Milliarden
Aus dem Urteil ergeben sich daher für Hotels in ganz Europa Schadensersatzansprüche, weshalb der Dachverband des europäischen Gastgewerbes, HOTREC, eine Initiative für eine gemeinsame Sammelklage gestartet hat. In Österreich wurde die Anwendung der Bestpreisklausel auf Drängen der Hoteliersvereinigung schon vor zehn Jahren verboten.
„Trotzdem können auch österreichische Betriebe durch die Anwendung wettbewerbswidriger Paritätsklauseln in den letzten 20 Jahren einen erheblichen finanziellen Schaden erlitten haben“, sagt ÖHV-Sprecher Martin Stanits. In Frankreich und in Spanien, wo bereits Sammelklagen eingereicht worden sind, schätzen die beteiligten Anwälte den Schaden wegen überhöhter Provisionen auf 1,5 Milliarden Euro. Einzelne Hotelketten kommen allein auf mehrere Millionen Euro. Booking.com gehört auch zu jenen Unternehmen, die wegen ihrer Marktmacht unter besonderer Beobachtung der EU-Kommission im Rahmen der neuen Regeln für Digitalkonzerne stehen.
Unfairer Wettbewerb
„Europäische Hoteliers haben lange unter unfairen Bedingungen und überhöhten Kosten gelitten. Jetzt ist es an der Zeit, zusammenzustehen und mit dieser gemeinsamen Aktion ein deutliches Signal zu senden: Missbräuchliche Praktiken auf dem digitalen Markt werden nicht unwidersprochen bleiben“, ergänzt HOTREC-Präsident Alexandros Vassilikos.
Stellungnahme von Booking.com
Aus der Sicht von Booking.com eröffnet das Urteil nicht die Tür für Schadensersatzklagen. "Die Aussagen von HOTREC sind falsch und irreführend. Das EuGH-Urteil kam nicht zu dem Schluss, dass die Preisparitätsklauseln von Booking.com wettbewerbswidrig sind oder den Wettbewerb beeinflussen", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber dem KURIER. Dies sei in in Absatz 92 Urteils deutlich zu erkennen. "Wir werden auch weiterhin vor Gericht beweisen, dass Paritätsklauseln keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen haben, falls dies erforderlich ist."
Erzwungene Gebührensenkung in der Schweiz
Die Schweiz geht bereits streng gegen die Buchungsplattform vor. Auf Anordnung des amtlichen Preisüberwachers muss Booking.com die Gebühren um knapp ein Viertel senken. Eine Analyse habe ergeben, dass die Kommissionssätze des niederländischen Unternehmens für Schweizer Hotels missbräuchlich hoch seien, begründet die für die Preisüberwachung zuständige Behörde. Die Preissenkung gilt für drei Jahre.
Booking geht in Berufung
Booking.com kündigte Berufung gegen die Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht an. "Es wird sich aufgrund dieser Entscheidung nichts an unseren Provisionssätzen ändern, bis das Ergebnis unseres Berufungsverfahrens feststeht", heißt es dazu gegenüber dem KURIER. Und weiter: "Unsere Partner haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, um ihre Unterkünfte an Kunden zu vermarkten. Sie haben die Wahl, ob sie ihre Unterkünfte auf unserer Plattform oder anderweitig anbieten wollen. Wir sind nicht einverstanden mit einer erzwungenen Senkung der Kosten für ein Produkt, das völlig optional ist."
Die spanischen Kartellwächter hatten Booking.com im Sommer 2024 wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens zu einer Strafe von mehr als 400 Mio. Euro verdonnert.
Hinweis: Der Artikel wurde am 30.5. um 10.45 mit den Stellungnahmen von Booking.com ergänzt.
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