Börsen setzen zu Gegenbewegung an - aber Verluste in den USA

Seit vergangenem Donnerstag ging es infolge der US-Zollpolitik mit den Aktienkursen rund um den Globus steil bergab. Gestern, Dienstag, dann der erste Versuch einer Trendumkehr: Spekulative Anleger hofften, dass eine gewisse Bodenbildung erreicht worden war und investierten wieder.
Der Wiener Leitindex kletterte 2,3 Prozent nach oben, der Frankfurter DAX 2,4 Prozent und der Londoner FTSE 2,7 Prozent.
Die US-Börsen haben ihren Erholungsversuch im Späthandel aber wieder abgebrochen. Sie eröffneten rund drei Prozent im Plus. Aber die wichtigsten US-Börsenindizes rutschten knapp vor Handelsschluss noch deutlich ins Minus und setzten ihre Talfahrt damit fort.
Freilich, damit sind auch in Europa die hohen Verluste der vergangenen Tage bei Weitem nicht wettgemacht. Gegenüber von vor einer Woche steht beim ATX noch immer ein Minus von fast zehn Prozent zu Buche. Immerhin: Seit Jahresbeginn gerechnet gibt es noch immer ein kleines Plus von 2,3 Prozent.
„Seit seinem Amtsantritt am 20. Januar hat US-Präsident Trump offensichtlich für restlose Verwirrung gesorgt und der Wirtschaft und den Finanzmärkten geschadet, insbesondere in seinem eigenen Land“, kommentiert dazu Erste-Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck. „Die Volatilität erreicht Höhen, die seit der Finanzkrise und der Pandemie nicht mehr beobachtet wurden. US-Indizes haben weitaus mehr an Wert verloren als andere.“
Keine Win-win-Strategie für die USA
Denn die US-Wirtschaft befinde sich in einem Abschwung und Zölle würden importierte Waren in den USA verteuern und die Inflation anheizen. Gleichzeitig würden sich Gegenzölle der EU, Chinas und anderer negativ auf global agierende US-Unternehmen auswirken. „Dies ist definitiv keine Win-win-Strategie für die USA“, sagt Mostböck zum KURIER. „Im Gegenteil, alle werden verlieren und die USA werden sich aufgrund der Stimmung offensichtlich in eine Lose-lose-Situation katapultieren.“
Jeder US-Präsident müsse die Börse im Auge behalten, sonst werde er bald ein Problem sowohl mit börsennotierten Unternehmen als auch mit den eigenen Bürgern bzw. Wählern haben. Der Anteil der US-Bevölkerung, der in Aktien investiert, sei viel höher als in Europa, wo Sozial- und Pensionsausgaben oft vom Staat finanziert werden.
Abwärtsrisiken
Die Folgen der Zölle auf das US-Wachstum sind laut Vincent Mortier, Chief Investment Officer des Vermögensverwalters Amundi, in einer Zeit, in der sich die Konjunktur bereits abschwächt, besorgniserregend. Dies spiegle sich auch in der jüngsten Herabstufung der Wachstumsprognose für dieses Jahr durch die US-Notenbank wider. „Wir beobachten, wie sich ein potenziell langsameres Wachstum auf die Unternehmensgewinne auswirken könnte – die erste Jahreshälfte sollte entscheidend sein“, so Mortier. Er erwartet keine Rezession in den USA, aber zunehmende Abwärtsrisiken.
Langsameres Wachstum würde für weitere Zinssenkungen sprechen. So erwarten Beobachter derzeit Lockerungen des US-Leitzinses bis zum Jahresende in Höhe von insgesamt einem Prozentpunkt, um die Konjunktur zu stützen. Allerdings spricht ein durch die Zölle verursachter erwarteter Inflationsanstieg eher gegen sinkende Zinsen.
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