„Blaue Lagune“-Chef: „Viele Normen sind zum Wegschmeißen“

1992 hat Erich Benischek das Fertighauszentrum „Blaue Lagune“ in Wiener Neudorf eröffnet. Ein Interview über Innovation, Überregulierung und Marktentwicklung.
KURIER: 2001 ist die „Blaue Lagune“ zuletzt auf 85 Häuser gewachsen. Wie hat sich der Markt für Fertighäuser seither verändert?
Erich Benischek: Vor zehn Jahren habe ich gemerkt, dass sich ein Wandel abzeichnet. Bis dahin waren wir immer voll belegt, haben immer lange Wartelisten gehabt. Dann gab es prominente Insolvenzen. Aber der Standort gehört bespielt und ich habe nach einer Idee gesucht. Das war die Geburtsstunde für das neue Bauzentrum.
Was ist das Bauzentrum?
Damit gehen wir in die nächste Dimension. Nachdem sich das Baugeschehen in den vergangenen 20 Jahren mehr entwickelt hat, wie 500 Jahre davor, wollen wir den Menschen das Bauen näherbringen. Portionsweise, um sie nicht zu überfordern. Es soll eine Erlebniswelt werden. Das Bauzentrum umfasst fünf Ausstellungsgebäude, gegliedert in die Themenbereiche Bautechnik, Haustechnik, Innenausstattung, Einrichtung, Immobilien mit Showrooms und Themenzentren. Man kann die Baumaterialen aus der Nähe betrachten und fühlen, es wird begehbare Dächer mit Begrünung, Photovoltaik, Sonnensegel, Outdoor-Küchen und vieles mehr geben.
Wie geht es dem Standort?
In Interviews mit Unternehmern beleuchtet der KURIER die Lage im Land.
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Haben Sie Vorschläge, wie der Standort Österreich zu alter Stärke finden kann? Mailen Sie an standortoesterreich@kurier.at. Wir werden die besten Ideen mit Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft erörtern.
Der große Wunsch der Österreicher ist noch immer das eigene Haus mit Garten. Aber der Neubau geht zurück. Muss von der politischen Seite etwas gemacht werden?
Es ist das ständige Gerede von der Flächenversiegelung. Ich habe nichts dagegen, wenn man darüber diskutiert, dass man Ortsränder nicht zerfransen sollte, es braucht auch eine Nachverdichtung in den Städten. Aber es braucht vor allem eine Aktivierung sogenannter Brownfields, leer stehende Grundstücke in den Gemeinden. Oft gibt es dafür sogar eine Widmung und trotzdem wird nicht gebaut. Darauf sollten die Behörden ein Auge haben. Ich fordere einschneidende Maßnahmen gegen spekulatives Horten von Bauland und ungenutzter Leerstände.

Erich Benischek im Gespräch mit KURIER-Redakteurin Vanessa Haidvogl.
Die KIM-Verordnung ist mit Juli gefallen. Hat das die Nachfrage beflügelt?
So viel hat sich in der Realität nicht geändert. Man lässt zwar eine Verordnung fallen, aber im Hintergrund gibt es immer noch die Direktive bei den Banken, sich trotzdem noch daran zu halten. Ich bin der Meinung, dass es EU-weit einheitliche Regeln zur Kreditvergabe geben sollte.
Sind Sie beunruhigt über die wirtschaftliche Lage?
Ich bin doch schon längere Zeit auf dem Planeten. Ich erlebe diese Entwicklungen nicht zum ersten Mal. Die sogenannte Sinuskurve findet immer wieder mal statt. Sie hat einfach eine gewisse Dauer. In dieser Zeit muss man sich Gedanken machen, wie wir das schaffen können.
Wie sollte man mit Krisen umgehen?
In solchen Phasen muss die Wirtschaft, egal, in welchem Segment man ist, aufeinander zugehen und fragen: Wie lösen wir das? Das gemeinsame Denken fehlt mir. Auf der einen Seite hast du die Lieferanten, die teurer werden, auf der anderen Seite sind die Banken, die herumjammern. Das funktioniert nicht. Ich habe keine Freude, wenn ich dann mitbekomme, wie sich Unternehmen vom Land verabschieden wollen. Das darf man nicht zulassen. Man muss hier die passenden Maßnahmen setzen. Das ist ein Appell an alle, die daran teilhaben. Auch an die Politik.
2024 wurde laut Branchenradar nahezu jedes vierte neue Eigenheim als Fertighaus errichtet. Ein positives Signal?
Meine persönliche Einschätzung ist: So richtig happy werden wir erst 2027 und 2028 sein.
Früher wurden Fertighäuser als „Häuser von der Stange“ belächelt. Stimmt das noch?
Das stimmt überhaupt nicht mehr. Ein Fertighaus ist genauso ein qualitätsvolles Haus wie jedes andere. Es kann nach Wunsch und nach Maß gemacht werden. Das Ganze hat einen historischen Hintergrund. Vor 30, 40 Jahren steckte die Branche noch in den Kinderschuhen, da waren sehr viele Versuche dabei.
Was sind die Vorteile eines Fertighauses?
Durch industrielle Vorfertigung wird schneller gebaut, es gibt mehr Planungssicherheit auch hinsichtlich der Baukosten sowie hohe Qualität durch witterungsgeschützte Fertigung in Produktionsstätten.

Erich Benischek, Eigentümer und Geschäftsführer der „Blaue Lagune“.
Kreislaufwirtschaft, Re-use: Themen, die immer wichtiger werden?
Unbedingt. Der Markt für Sekundärmarktprodukte, das sind bereits einmal eingebaute Produkte, muss wachsen. Davor muss ich aber den Menschen beibringen, dass diese Produkte kein altes Klumpert sind. Beim Gebrauchtwagen wird der Wert geschätzt, beim schon einmal eingebauten Fenster nicht. Wir kommen um Re-use nicht herum. Gerade im Bereich der Holzrahmenkonstruktion wird ein Musterhaus, das in die Jahre gekommen ist, abverkauft, demontiert und woanders wieder aufgestellt. Da ist man die Wiederverwertung schon gewohnt.
Stichwort Normen: Muss hier aufgeräumt werden?
Wenn ich heute vom Bauen der Zukunft spreche, dann muss ich Gebäude so flexibel wie möglich machen. Nehmen wird das Beispiel Raumhöhe. In Österreich muss ein Einfamilienhaus eine andere Raumhöhe haben als ein Büro, ein Hotel, ein Geschäftslokal. Diese Vorgaben binden an eine Nutzung, was ich für schlecht halte.
Erich Benischek hat vor 43 Jahren als Generalunternehmer für einen Fertighausproduzenten aus Deutschland begonnen und ein Musterhaus nördlich der SCS errichtet. Als nächstes wollte er mehr Präsentationsfläche für die Branche, die er am heutigen Standort in Wiener Neudorf gefunden hat.
Ausbau in 3 Schritten: 1992 wurde die „Blaue Lagune“ mit 37 Häusern eröffnet. 1996/97 wurde das Fertighauszentrum auf 65 Häuser erweitert und 2000/2001 ist es auf 85 Häuser gewachsen.
Das Areal mit eigenem See erstreckt sich über eine Fläche von 74.000 Quadratmetern. Das Ausstellungsgelände verzeichnet jährlich rund 100.000 Besuchern.
Nächste Schritte: Im Frühjahr 2026 ist die Eröffnung des Bauzentrums geplant. Floating Homes, Tiny Houses und ein Kompetenzzentrum für Modulbau: Diese offenen Projekte möchte Erich Benischek in den nächsten vier Jahren noch umsetzen.
Sie haben Innovation immer vorangetrieben. Warum ist sie Ihnen so wichtig?
Ohne Innovation passiert nichts. Wir brauchen sie in allen Lebensbereichen. Und wir brauchen zudem viel mehr Flexibilität.
Da sind wir wieder bei den Regeln und Normen.
Auch wenn ich dafür wieder Prügel bekomme: 50 Prozent davon sind zu berichtigen oder zum Wegschmeißen. Aber wer traut sich das? Es braucht von vielen Seiten die Bereitschaft, etwas zu ändern. Wir haben eine totale Überregulierung und den unbedingten Willen, ja alles beizubehalten. Das ist kontraproduktiv für Entwicklung.
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