Bahn will nicht in Verzug geraten

Bahn will nicht in Verzug geraten
Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss Österreichs Bahnindustrie das Tempo steigern

Österreichs Bahnindustrie zählt zu den stärksten weltweit. Von ihren 3,1 Milliarden Euro Umsatz gehen 70 Prozent in den Export. Damit liegt sie in absoluten Zahlen weltweit auf Platz fünf im Ranking der Länder, die Bahnprodukte exportieren.

Doch die Konkurrenz schläft nicht, weiß Andreas Matthä, Vorstandsvorsitzender der ÖBB: „Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir uns weiterentwickeln.“ ÖBB und Bahnindustrie kooperieren stark miteinander. Um am Ball zu bleiben, haben sich die Partner Schwerpunkte gesetzt. So arbeitet die Bahn derzeit daran, nicht elektrifizierte Nebenstrecken an das Stromnetz anzuschließen, damit Fahrgäste künftig ohne Umsteigen weiterfahren können. Dieselloks, die im Verschub eingesetzt werden, sollen durch Lokomotiven mit Wasserstoffantrieb ersetzt werden. „Wir wollen den städtischen Raum vom Diesel befreien“, sagt Matthä.

 

Durch Zusammenarbeit mit der Voestalpine werden Waggons entwickelt, auf die sich mehr Fracht laden lässt. Ein automatisches Zuglenkungssystem soll dafür sorgen, dass Züge seltener stehen bleiben müssen. „Denn das Anfahren braucht viel Energie“, erklärt Matthä. Auch im Verschub ließen sich viele Prozesse optimieren. „Der Schlüssel zum Erfolg ist die Kooperation mit der Bahnindustrie“, sagt Matthä.

Die Innovationspartnerschaft, die im Bundesvergabegesetz 2018 geschaffen wurde, ermöglicht der Bahn und der Industrie engere Zusammenarbeit. Innovationen können nun gemeinsam geplant und entwickelt werden, früher hätte das als unerlaubte Absprache gegolten.

Neues Problem

Für beide Seiten ist die Partnerschaft wertvoll. Neben der ÖBB sind auch die Wiener Linien für die Bahnindustrie von Bedeutung, vor allem bei Großaufträgen aus dem Ausland. „Mit solchen Referenzkunden ist man bei großen Projekten vorne mit dabei“, sagt Manfred Reisner, Präsident des Verbandes der Bahnindustrie. Österreich sei ein international anerkanntes Bahnland. Bei der Erfinderdichte sei Österreich Weltmeister. Auf eine Million Einwohner kommen 41 Erfinder – in Deutschland sind es „nur“ 20, in der Schweiz 16. Die Branche beschäftigt 9000 Mitarbeiter direkt und 20.000 indirekt.

Die Bahnindustrie hat allerdings seit Kurzem ein ihr bisher unbekanntes Problem, sagt Reisner, nämlich ein Nachwuchsproblem. „Vor zwei Jahren haben wir das noch nicht gesehen.“ Das hänge mit der boomenden Wirtschaft zusammen, es sei nur noch schwer Personal zu finden. Deshalb wird neuerdings auf der Fachhochschule Technikum Wien ein Masterlehrgang angeboten, der sich mit dem Bahnwesen beschäftigt.

Sorgen um Nachwuchs

Gut ausgebildete Leute wird die Branche brauchen, denn in den kommenden fünf Jahren sollen 13,9 Milliarden Euro in die Bahn investiert werden. Und das aus gutem Grund, denn den Verkehrsbedarf der kommenden Jahre über die Straße zu decken, würde mehr kosten.

Österreich war 2017 bei den Investitionskosten pro Kopf mit 187 Euro in Europa ganz weit vorne, nur die Schweiz investierte mit 362 Euro noch mehr. Deutschland lag laut Reisner bei 69 Euro. „Wenn man in Deutschland mit dem Zug fährt, dann merkt man das auch.“

Kommentare