Badelt gegen Abschaffung der kalten Progression

Badelt gegen Abschaffung der kalten Progression
Teuerung: Vorsitzender des Fiskalrats gegen "Geldverteilungsaktionen an alle". Staat könne Preise nicht auf Dauer niedrig halten.

Der Vorsitzende des Fiskalrats, Christoph Badelt, rechnet nicht nur in den kommenden Monaten mit einer hohen Inflation. Zwar werde sich das Ausmaß der Teuerung verringern - "aber sie geht nicht mehr hinunter auf einen Wert, den wir vor der Krise gehabt haben", so Badelt bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Der Rat spricht sich gegen "Geldverteilungsaktionen an alle" aus, vielmehr brauche es zielgerichtete Transfers an sozial schwache Haushalte.

Zielgerichtete Maßnahmen würden zwar alle fordern bzw. versprechen, meinte Badelt. "Wenn Sie in die politische Szene schauen, sehen Sie relativ wenig davon umgesetzt." Temporäre monetäre Transfers müssten nun jenen Personen zufließen, die sich das Leben nicht mehr leisten können, um eine verzögerte Lohn- und Transferanpassung zu überbrücken, am besten schon zur Jahresmitte.

"Wahrt euch Budgetspielräume"

Gleichzeitig warnte Badelt davor, die derzeitigen staatlichen Mehreinnahmen etwa durch die Mehrwertsteuer bzw. die kalte Progression sofort wieder großflächig auszuschütten. "Wahrt euch Budgetspielräume, um eine Gegenfinanzierung für sozial nötige Ausgabenerhöhungen zu haben", meinte der Fiskalrats-Chef. "Sonst würden zusätzliche Stützungsmaßnahme zu Lasten der Staatsverschuldung gehen."

Derzeit spreche nichts dafür, dass der Ukraine-Krieg rasch beendet werde, man wisse nicht, ob künftige Gaslieferungen auch tatsächlich kommen, so Badelt. Daher: "Lieber Finanzminister, behalte dir dein Geld zumindest jetzt ein paar Monate, weil wir nicht wissen, wie es mit der Inflation weitergeht." Dabei hoffe er durchaus, dass sein Pessimismus nicht angebracht sei. "Wenn ich mich irre, würden wir uns alle freuen. Dann sitzen wir in einem halben Jahr da und können eine Steuerreform beschließen, wo wir alle möglichen Goodies verteilen."

"Was soll im Oktober anders sein"

Skeptisch ist Badelt bezüglich einer Verschiebung der CO2-Bepreisung - zwar habe der Rat dazu nichts beschlossen, aber aus der Ablehnung von nicht zielgerichteten und bloß generellen Maßnahmen durch den Rat ergebe sich de facto eine Ablehnung. "Ich weiß auch nicht genau, was im Oktober anders sein wird." Es sei eine Illusion zu glauben, dass der Spritpreis bis dahin um 50 Cent gesunken ist. "Bitte keine generellen Maßnahmen, weil das können wir uns auf Dauer nicht leisten."

Badelt persönlich sieht jetzt auch einen schlechten Zeitpunkt für die Abschaffung der kalten Progression. Dieser Schritt würde primär höhere Einkommensschichten entlasten - Unterstützung bräuchten jetzt aber schwachen Haushalte. Er plädierte daher dafür, erst nach dem Krisenmanagement eine umfassende Steuerreform anzugehen und zu schauen, wofür man Geld hat - etwa die Entlastung des Faktors Arbeit oder die Abschaffung der kalten Progression.

"Staat kann Preise nicht auf Dauer niedrig halten"

Den Energiekostenausgleich sieht Badelt als Versuch, die Lasten auf diesem Gebiet etwas sozialer zu gestalten. "Der Staat kann am Markt gebildete Preise nicht auf Dauer niedrig halten, er wird es sich auch nicht leisten können." Das Problem bei der Konstruktion des Ausgleichs, den die Haushalte selbst nur unter einer bestimmten Einkommensgrenze in Anspruch nehmen dürfen, seien die fehlenden Haushaltsdaten. "Ich glaube, es wäre höchst an der Zeit, an so einem Datensatz zu arbeiten."

Günstige Prognose

In seiner am Dienstag veröffentlichten Prognose 2022 ein gesamtstaatliches Budgetdefizit in Höhe von 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit liegt das Defizit unter der Maastricht-Grenze von drei Prozent. Ebenso steht die Rückführung der Schuldenquote im Einklang mit den Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Damit dürfte Österreich nach zwei Jahren pandemiebedingter Regelverfehlungen heuer wieder beide Maastricht-Kriterien erfüllen.

Auch bei den Staatsschulden ist der Fiskalrat optimistischer: Für heuer wird ein Absinken von 82,8 Prozent des BIP auf 79,9 Prozent erwartet (Finanzministerium: 80 Prozent), für das kommende Jahr auf 76,6 Prozent (Finanzministerium: 77,1 Prozent). Bis 2026 soll laut Fiskalrat sogar ein Wert von 67,7 Prozent erreicht werden.

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