Bosch-Österreich-Chef: "Ich fürchte mich nicht vor China"

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Helmut Weinwurm über Chipmangel, Weiterentwicklung zum Wasserstoff-Zulieferer und warum der Standort Österreich wettbewerbsfähiger ist als Deutschland.

Helmut Weinwurm, CEO der Bosch-Gruppe in Österreich, will in der Krise nicht „sudern“, sondern über Dinge sprechen, die gut laufen. Im KURIER-Interview skizziert er, wie es mit dem Autozulieferer und Technologiekonzern in Österreich weitergeht.

KURIER: Der Chipmangel bei Nexperia trifft mehrere Werke von Bosch in Deutschland, wo auf Kurzarbeit umgestellt wird. Wie ist die Lage in den Bosch-Werken in Österreich?

Helmut Weinwurm: In unseren Werken in Österreich werden keine Komponenten für Automobilelektronik verbaut, in denen Nexperia-Chips enthalten sind. Wir produzieren in Hallein Großmotoren-Einspritzsysteme und Industriekessel in Bischofshofen sowie Hydraulikkomponenten und Verdichterstationen für Wasserstofftankstellen, die bei Bosch Rexroth in Linz und Pasching erzeugt werden.

Wie ist die Auslastung im Motorenwerk in Hallein?

Sehr gut. Wir sind auch umsatzmäßig gut unterwegs, weil es eine hohe Nachfrage nach unseren Bauteilen für Stromgeneratoren gibt. Diese werden etwa für Serverfarmen benötigt, die jetzt verstärkt gebaut werden. Da sind wir auch für die nächsten Jahre gut ausgelastet.

In Hallein werden Komponenten für Dieselmotoren gebaut. Wie sieht die Zukunftsperspektive aus?

Unsere Injektoren (Einspritzsysteme, Anm.) sind so gebaut, dass man sie nicht nur mit Diesel, sondern mit unterschiedlichen Treibstoffen betreiben kann, etwa mit Wasserstoff, Methanol oder Ammoniak. Hier sind wir bei Bosch Vorreiter und können die Teile auch schon jetzt liefern, um Kunden bei der Umrüstung zu unterstützen. Gerade in Anwendungen mit hohem Leistungsbedarf, wo Elektromotoren an ihre Grenzen stoßen, wie bei Schiffen, Baggern oder Baumaschinen, wird man auf andere Antriebe umstellen.

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Produktion bei Bosch in Hallein

Bosch Österreich als Zulieferer für die Wasserstoffindustrie? Genau. Gerade beim Thema Wasserstoff sind wir sehr breit aufgestellt. Wir haben unser Wasserstoffzentrum in Linz, wo wir die PEM- Stacks für den Elektrolyseur erzeugen, der aus Wasser und Strom Wasserstoff erzeugt. Die sind schon serienreif, werden in Bamberg produziert und es gibt schon Aufträge dafür. Bei Rexroth in Linz bauen wir die Verdichterstationen für Wasserstofftankstellen, das ist für uns ein strategisch wichtiger Bereich.

Der Markt ist aber noch nicht wirklich angesprungen?

Es bremst uns gerade ein wenig, dass sich die Technologie nicht so rasch durchsetzt wie erwartet. Wir sind aber überzeugt, dass die Technologie kommen wird, speziell für große Anwendungen. Fürs Erreichen der Klimaziele braucht es alle Technologien.

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Helmut Weinwurm im Gespräch mit Wirtschaftsredakteurin Anita Staudacher

Das Geschäft mit Wärmepumpen läuft schlecht. Wie geht es hier weiter?

Das Geschäft ist von den Förderungen beeinflusst und die wurden im Vorjahr abrupt abgedreht. Wir hatten im ersten Halbjahr noch ein gutes Geschäft, weil Aufträge abgearbeitet wurden, aber ab September ist das Geschäft eingebrochen und der Markt wird wohl um bis zu 25 Prozent zurückgehen. Jetzt, wo es wieder Förderungen gibt, wird auch das Geschäft wieder anspringen. Die Art von Förderpolitik wie 2024 ermöglicht aber keine Planbarkeit und verunsichert nur die Kunden.

Was wäre besser?

Es wäre vielleicht besser, statt Elektroautos oder Wärmepumpen zu fördern besser den Strompreis zu deckeln. Dann wären E-Autos und Wärmepumpen für Kunden attraktiv und die Preise reguliert ohnehin der Markt.

Der konzernweite Sparkurs bei Bosch trifft auch 40 Stellen in Österreich. Wo genau werden diese abgebaut?

Betroffen sind heuer 40 Mitarbeiter im Entwicklungsbereich der Sparte Mobility, die schon informiert wurden. Das Programm geht bis Ende 2027, wir werden dann sehen, wie es weitergeht. Wir haben aber seit der Pandemie mehr als 400 zusätzliche Mitarbeiter bei Bosch eingestellt.

Es wird gerade umstrukturiert. Wie schaut Bosch Österreich in 5 Jahren aus?

Wir sind hier breit aufgestellt und fokussieren uns auch in Zukunft auf mehrere Bereiche. Im Mobility-Bereich sind wir mit zwei wichtigen Kunden auch noch im Bereich Verbrennermotor tätig, den wir auch weiterentwicklen und optimieren. Den Verbrennermotor wird es noch lange geben, vor allem außerhalb Europas. Aber wir entwickeln inzwischen Software und Hardware für alle Antriebsarten und sind auch im autonomen Fahren involviert.

Der Wettbewerbsdruck zwischen den Standorten wird größer. Wie schneidet Österreich hier im Vergleich ab?

Natürlich stehen wir im Wettbewerb mit anderen Produktionsstätten wie Rumänien, Ungarn oder Indien. Da halten wir aber sehr gut mit, sind wettbewerbsfähiger als die deutschen Standorte und müssen uns nicht vor Rumänien oder Ungarn fürchten. Österreich hat ein Stein im Brett auch bei der Konzernführung. Wir arbeiten hier auch stark im internationalen Entwicklungsverbund, entwickeln also gemeinsam etwa mit Kollegen aus Indien. Diese internationale Zusammenarbeit wird honoriert.

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Was spricht für den Standort?

Wir haben hier eine lange Forschungs- und Entwicklungshistorie. Wir haben gute Technikerinnen und Techniker hier, auch dank den HTLs, wo wir sehr gute Mitarbeiter kriegen, eine tolle Ausbildung an den Unis und ein ausgezeichnetes F&E-Förderprogramm- Das hat die österreichische Politik wirklich gut gemacht und davon profitieren wir auch. Wir haben auch kein Problem, Fachkräfte zu finden.

Die Innovationen im Automobilsektor kommen derzeit vor allem aus China. Gerät Europa da nicht ins Hintertreffen?

Bosch ist auch in China vertreten und wir haben auch Entwicklerteams vorort. Aber ehrlich gesagt, fürchte ich mich nicht vor China. Wir müssen halt innovativ bleiben und unsere Stärken ausspielen.

Das klingt überraschend positiv. Viele Industrievertreter klagen über hohe Energie- und Lohnkosten. Keine Wünsche an die Politik?

Ich würde mir wünschen, dass wir weniger sudern und auch über die Dinge reden, die gut laufen. Das haben wir offenbar völlig verlernt. Es ist nicht alles schlecht im Land. Aber natürlich müssen die Stromkosten und die Inflation runter, eh klar.

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