Ärztekammer warnt: Engpass bei Arzneimitteln könnte sich verschärfen

Viagra Generika
Billig-Preispolitik gefährde zunehmend die Versorgungslage. Klares Nein zur Wirkstoffverschreibung.

 Ärztekammer und Pharmavertreter warnen vor einer prekären Versorgungslage bei bestimmten Medikamenten spätestens im kommenden Winter. Grund dafür seien der steigende Preisdruck auf die Hersteller und die mögliche Einführung einer Wirkstoffverschreibung. „Dass kranke Menschen dringend benötigte Medikamente nicht bekommen, ist aus medizinischer Sicht inakzeptabel und für ein wohlhabendes Land wie Österreich beschämend“, sagte Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart.

Ärztekammer warnt: Engpass bei Arzneimitteln könnte sich verschärfen

Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart

Weil der gesetzlich festgelegte Höchstpreis eines erstatteten Arzneimittels maximal 20 Prozent über dem des günstigsten wirkstoffgleichen Medikaments liegen darf, rentiere sich der heimische Markt für die Hersteller nicht mehr. Laut Ernst Agneter, Facharzt für Pharmakologie und Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien, wurde etwa der Preis des Breitbandantibiotikums Amoxicillin seit 2017 fünf Mal gesenkt. 

Die Preisreduktion durch die Generika führe dazu, dass im Schnitt 20 Generika-Arzneimittel pro Monat den Erstattungskodex in Österreich verlassen, weil deren Herstellung nicht mehr wirtschaftlich ist. „Der Wirkstoff Atorvastatin wurde 2005 mit einem Fabrikabgabepreis von 33 Euro in den Erstattungskodex aufgenommen“, berichtet Agneter. Das günstigste Generikum liege aktuell bei 3,24 Euro. Somit haben sich die Preise in 20 Jahren um 90 Prozent reduziert.

Abwasserrichtlinie als Problem

Dazu komme die kommunale Abwasserrichtlinie der EU. Diese würde die Versorgung mit Metformin gefährden. "Metformin ist ein wirksames, günstiges Medikament, auf das weltweit rund 130 Millionen Patienten angewiesen sind. Es dient zur Behandlung von Diabetes Typ 2. Wenn die urban waste water treatment Guideline umgesetzt wird, dann ist anzunehmen, dass dieses Medikament vom Markt verschwindet", warnte Agneter.

Nein zur Wirkstoffverschreibung

Die Ärzte wehren sich auch gegen Pläne der Politik, aus Kostengründen statt bestimmten Präparaten nur noch Wirkstoffe zu verschreiben. Diese Änderungen würden Patienten, die bestimmte Präparate gewohnt seien, nur verwirren. Die Gefahr bestehe auch, dass nicht Patienteninteressen sondern Lagerkosten oder Gewinnspannen der Apotheken entscheidungsrelevant werden. 

Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog sprach sich ebenfalls gegen eine Wirkstoffverschreibung aus, diese würde Engpässe weiter verschärfen. „Engpässe sind das Ergebnis einer Niedrigpreispolitik. Wenn Arzneimittelpreise durch gesetzliche Regelungen niedrig gehalten oder sogar noch weiter nach unten gedrückt werden, dann wirkt sich das negativ auf die Versorgungsqualität aus“, so Herzog.

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