3,4 Billionen gegen die Wirschaftskrise sind noch nicht genug
Rund 3,4 Billionen Euro haben die Europäische Union und ihre Mitglieder der EU-Kommission zufolge bereits gegen die Corona-Wirtschaftskrise mobilisiert - und mindestens eine weitere Billion wird demnach für den Wiederaufbau gebraucht. Die Zahlen nannten Kommissionsvertreter am Montag.
Bis zum EU-Gipfel am Donnerstag soll klarer werden, woher das frische Geld kommen soll. Da der Streit über Corona-Bonds völlig festgefahren ist, sucht die Kommission Alternativen, bei denen sie selbst Anleihen ausgibt.
3.400 Milliarden
Eine Billion sind tausend Milliarden Euro. Die Aufstellung der bisherigen Wirtschaftshilfen, die eine Kommissionssprecherin am Montag präsentierte, umfasst angekündigte nationale Zuschüsse, Liquiditätshilfen, Mittel aus dem laufenden EU-Budget sowie die Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank.
Ebenfalls enthalten ist ein von der Eurogruppe geschnürtes Paket im Umfang von bis zu 540 Milliarden Euro aus Kurzarbeiterhilfen des Programms "Sure", aus von der Europäischen Investitionsbank abgesicherten Unternehmenskrediten und aus Kreditlinien des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Die drei Elemente wurden allerdings gerade erst beschlossen. Es ist nicht klar, wann und in welchem Umfang sie genutzt werden. Die ESM-Hilfen sind zum Beispiel auch für das in der Pandemie besonders schwer getroffene Italien gedacht, dort aber sehr umstritten.
Streitfrage Corona-Bonds
Nicht nur Italien dringt deshalb zusätzlich auf einen sogenannten Recovery Fund für den Wiederaufbau. Dieser wurde bereits grundsätzlich vereinbart. Doch ließ die Eurogruppe alle wichtigen Details offen, darunter Umfang und Finanzierung. Italien fordert sogenannte Corona-Bonds, also gemeinschaftlich ausgegebene Anleihen zur Finanzierung des Staatshaushalts. Österreich, Deutschland, die Niederlande und andere lehnen das ab, weil sie die gemeinsame Haftung fürchten.
Die EU-Kommission hat nun eine Lösung im Rahmen des nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmens ins Gespräch gebracht: Die Institution will selbst Schulden über Anleihen aufnehmen, für die die EU-Staaten bürgen würden.
Solidarischer Kompromiss gesucht
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte dem deutschen Wochenblatt "Der Spiegel": "Wir brauchen für den Wiederaufbau, erstens, ein gemeinsames Instrument, das, zweitens, ausreichend groß ist und, drittens, schnell zur Verfügung steht. Aus meiner Sicht könnte das mehrjährige EU-Rahmenbudget der Weg sein, diese Ziele zu erreichen." Der Wiederaufbau könne nicht warten, sondern solle bereits "im Frühjahr, im Sommer" beginnen.
Die EU-Kommission sieht ihr Anleihe-Modell im Rahmen des Budgets als möglichen Kompromiss, weil die gemeinsame Haftung der EU-Staaten begrenzt wäre. Kommissionschefin Ursula von der Leyen wirbt vor dem nächsten EU-Videogipfel am Donnerstag um Zustimmung. Am Sonntagabend telefonierte sie Medienberichten zufolge mit Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte. Dieser hat zwar immer wieder Corona-Bonds gefordert, aber auch gesagt, diese Krise erfordere ein völlig neuartiges Finanzinstrument.
Allerdings sind die EU-Staaten über den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 ebenfalls zerstritten. Gentiloni drang auf eine rasche Einigung: "Warum ich optimistisch bin? Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten und ich hoffe, dass das auch jeder versteht."
EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit forderte im "Handelsblatt" mehr finanzielle Solidarität mit Ländern wie Italien. "Es kann nicht sein, dass manche Länder einigermaßen unbeschadet aus der Rezession herauskommen und andere in der Misere stecken bleiben." Sonst bekämen Populisten Auftrieb. "Wir müssen dafür sorgen, dass Europa nicht auseinanderfliegt", warnte Schmit.
Kommentare