Kann KI tatsächlich Sprache verstehen? Expertin äußert Zweifel

KI-Roboter
Eine Forscherin erklärt in einem neuen Paper, warum KI nie unsere Sprache verstehen wird und stellt sich damit gegen den "Paten der KI".

Geoffrey Hinton gehört zu den bekanntesten Kritikern, der vor dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) warnt. Hinton, der ein renommierter Informatiker und Mitbegründer des modernen Machine Learning ist, wird auch als "Pate der KI" bezeichnet. Hinton hatte zuletzt davor gewarnt, dass eine 20-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht, dass KI innerhalb der nächsten 30 Jahre zum Aussterben der Menschheit führen könnte (KURIER berichtete). 

Doch trotz der schnellen Entwicklung der Künstlichen Intelligenz werden die zahlreichen Computersysteme laut dem Experten immer intelligenter und verstehen vor allem unsere menschliche Sprache sehr gut. Eine kanadische Forscherin ist jedoch anderer Meinung. 

KI "versteht" menschliche Sprache nicht

In einem Interview mit The Globe and Mail erklärte Hinton: "Was mich wirklich überrascht hat, ist, wie gut neuronale Netze natürliche Sprache verstehen - das ging viel schneller, als ich dachte.... Und ich bin immer noch erstaunt, dass sie wirklich verstehen, was sie sagen." 

Veena Dwivedi, Professorin am Institut für Psychologie und am Zentrum für Neurowissenschaften der Brock University, erklärt in einem Beitrag, dass diese Annahme falsch sei. Die Expertin glaubt nicht, dass KI unsere Sprache so gut versteht, wie Hinton vielleicht annimmt. Der Grund dafür sei, dass Text auf einem Bildschirm regelmäßig mit Sprache verwechselt werde. Obwohl beide verwandt seien, seien sie nicht dasselbe.

Die Expertin erklärt, dass beispielsweise die Sprachen Hindi und Urdu auf Konversationsebene "gegenseitig verständlich" seien, jedoch würden sie mit "völlig unterschiedlichen Schriftsystemen" arbeiten. "Das Gleiche gilt für Serbisch und Kroatisch. Geschriebener Text ist nicht dasselbe wie 'Sprache'", erklärte Dwivedi weiter. Dass die Algorithmen des maschinellen Lernens natürliche Sprache "verstehen" würden, sei laut der Professorin nicht ganz fassbar: "Sprachliche Kommunikation findet meist von Angesicht zu Angesicht statt, in einem bestimmten Umgebungskontext, der zwischen Sprecher und Zuhörer geteilt wird, zusammen mit Hinweisen wie Tonfall und Tonhöhe, Augenkontakt und Gesichts- und Gefühlsausdruck."

Nicht authentisch? KI-Einsatz bei Duolingo

Die Expertin verdeutlichte weiter: "In jedem Fall schreibt der Empfänger der Nachricht ein und demselben Satz eine andere Art von Bedeutung –und Verständnis – zu." Neuronale Netze in der KI beziehen sich auf Algorithmen und sollten nicht mit biologischen Gehirnnetzen beim Menschen verwechselt werden.

Dass der Einsatz von KI nicht immer vorteilhaft sein kann, zeigt auch ein aktuelles Beispiel der Sprachplattform Duolingo. Wie im Frühjahr 2025 bekannt wurde, verfolgt das Unternehmen nun eine AI-First-Strategie, die vor allem dazu führte, dass Mitarbeitende ihre Jobs bei Duolingo an den Nagel hängen mussten. Im Netz beschwerten sich zahlreiche User und Userinnen, dass sie die App löschen werden. 

  • Die Lektionen mit Duolingo würden sich nicht mehr authentisch anfühlen, das Lernen mit der Applikation würde sich "leer" und "nichtssagend" anfühlen.
  • Während das Unternehmen in der Vergangenheit oft Muttersprachler bei der Entwicklung der Lektionen eingesetzt hat, fehlt der "menschliche" Aspekt mit der Künstlichen Intelligenz.
  • Zwar hätte man jetzt die Möglichkeit mit KI mehr Lektionen zu generieren, dennoch würde die Qualität dafür massiv abnehmen. Das bestätigte auch der Geschäftsführer auf LinkedIn. 

KI fehlt emotionaler Kontext fehlt 

In einer aktuellen Studie hat Dwivedi kürzlich gezeigt, dass sogar der emotionale Zustand einer Person die Hirnwellenmuster bei der Verarbeitung der Bedeutung eines Satzes verändern kann. Unsere Gehirne und damit auch unsere Gedanken und mentalen Prozesse sind nie ohne emotionalen Kontext möglich.

  • Dwivedi erklärt, dass sogar Babys in der Lage sind, Kontextinformationen in der Sprache zu erkennen, und dass wir Menschen mehr als nur die gesprochenen Worte verwenden, um Bedeutung und Verständnis zu erlangen. Laut der Wissenschafterin sei dies etwas, das die KI nicht erreichen kann.
  • Zwar ist ein Computercode in der Lage, auf menschliche Sprache in Form von Text reagieren, doch er kommt nicht annähernd an das menschliche Verständnis von Sprache heran. Ihm fehle der dafür notwendige emotionale Kontext. 

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