Adelsexpertin: Prinz Harry verstand seinen Platz in der Familie falsch

Prinz Harry und Prinzessin Anne
Kaum ein Tag vergeht, an dem Prinzessin Anne nicht ein Unternehmen besucht, ein Dinner für die Mitarbeitenden einer Wohltätigkeitsorganisation gibt oder einen neuen Sportplatz eröffnet. Die einzige Tochter von Queen Elizabeth II. gilt als äußerst fleißig - und extrem wichtig für das Königshaus. Und obwohl "Königin Camilla als König Charles' Fels in der Brandung" gelte, steht seine Schwester Anne "an der Spitze der ultimativen Vertrauten des Monarchen", schrieb die britische Zeitung Express.
"Unschätzbare Unterstützung"
Der britischen Adelsexpertin Jennie Bond zufolge hätte auch Prinz Harry von einem Rat seiner Tante Anne profitieren können. Er habe seinen Platz in der Familie falsch verstanden: "Sie hätte ihrem Neffen sagen können, dass 'die zweite Geige spielen' die falsche Art ist, seinen Status zu betrachten. Stattdessen hat sie gezeigt, dass man als Zweitgeborene(r) eine unschätzbare Unterstützung für die Institution der Monarchie sein kann und ein wichtiger Freund, Vertrauter und Unterstützer für den Monarchen ist", sagte sie der Zeitung Mirror. "Sie hätte ihm erklären können, dass sie ein Team sind, eine Firma, die zusammenarbeitet, um die Monarchie relevant zu halten und ihre Plattform zu nutzen, um Wohltätigkeitsorganisationen und Gemeinden zu helfen."
Mehr als nur Ersatz?
Anne hätte auch helfen können, die zerrüttete Beziehung zwischen Vater und Sohn zu retten. Der Zug soll aber abgefahren sein, glaubt Bond. "Ja, Anne wäre die perfekte Person gewesen, um Rat und Anleitung zu geben, aber leider ist dies nicht mehr relevant, da Harry deutlich gemacht hat, dass er nicht als arbeitender Royal zurückkehren möchte."
Das Ausmaß der Situation muss ihr nicht zwingen bekannt sein, so die Adelsexpertin. "Es mag sein, dass der König seine familiären Probleme mit Anne besprochen hat, aber ich bezweifle, dass sie sich einmischen möchte. Für Anne steht Loyalität an erster Stelle, und ich vermute, dass sie das Gefühl hat, dass Harry seinem Vater, seinem Bruder und der Monarchie gegenüber extrem illoyal war. Eventuell kann sie das nur schwer verzeihen."
Harry hatte seiner Biografie im englischen Original den provokativen Titel "Spare" gegeben. Das Wort spielt auf die Redewendung "the heir and the spare" an - also "der Erbe und der Ersatz". Der Begriff bezieht sich auf den Thronfolger - in diesem Fall Prinz William - und dessen jüngeres Geschwisterchen (Prinz Harry), das höchstens beim Tod des Älteren zum Zuge kommen könnte.
Das über 500 Seiten starke Buch hatte Harry mit einer Widmung versehen: "Für Meg und Archie und Lili... und natürlich für meine Mutter". Zu Beginn beschrieb Harry eine Begegnung mit seinem Vater und seinem Bruder William nach der Beerdigung von Prinz Philip im April 2021. Er habe damals um dieses "geheime Treffen" gebeten, um einen Ausweg aus dem schweren Familienzerwürfnis zu finden.
Doch der Streit bei dem gemeinsamen Spaziergang sei "so hitzig" geworden, dass König Charles III. - damals noch Thronfolger - seine Söhne gebeten habe: "Bitte, Jungs - macht mir meine letzten Jahre nicht zur Hölle", schrieb Harry in dem Buch. Und er stellte sich die Frage: "Mein geliebter Bruder, mein Erzfeind, wie hatte das geschehen können?"
Schwere Vorwürfe
In mehreren Interviews mit britischen und US-TV-Sendern hatte Harry seinen Familienmitgliedern und dem Hofpersonal schwere Vorwürfe gemacht. Sie hätten die Stimmung gegen ihn und seine Ehefrau Herzogin Meghan angeheizt, indem sie der britischen Boulevardpresse Informationen gegen das Paar zugesteckt hätten. Im US-Sender ABC forderte Harry einst, vor einer möglichen Versöhnung müsse die Royal Family Verantwortung übernehmen. Eine Rückkehr in die erste Reihe der königlichen Familie schloss er grundsätzlich aus. Ein solcher Schritt sei "unüberlebbar", sagte Harry. "Das ist wirklich traurig, denn das zerstört im Wesentlichen die Beziehung zwischen uns."
Anfang Mai sagte der in den USA lebende Harry in einem neuen BBC-Interview dann, er möchte sich mit dem britischen Königshaus versöhnen. Das Leben sei kostbar, so der Prinz. Und er wisse nicht, wie lange sein Vater noch zu leben habe. "Es wäre schön, sich zu versöhnen."
Es sei in Charles' Interesse, dass seine Söhne zu seinen Lebzeiten wieder zueinanderfinden, meinte der Royals-Experte und Verfassungsrechtler von der Londoner Universität Royal Holloway Craig Prescott schon Anfang 2025 im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
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