Die Frau, die einst Falco drohte: Marianne Kohn wird 80

Eine ältere Frau mit großer Brille und auffälligem Mantel mit Fellkragen steht vor einem Eingang mit Marmorsäulen und Hinweisschildern.
Die legendäre Loos-Bar-Patin feiert heute, Montag, ihren 80. Geburtstag und reflektiert über ihr bewegtes Leben.

Zusammenfassung

  • Marianne Kohn, legendäre Loos-Bar-Patin und Wiener Nachtleben-Ikone, feiert ihren 80. Geburtstag und blickt auf ein bewegtes Leben zwischen Wien und Cinecittà zurück.
  • Bekannt für ihren grantelnden Charme, ihre Freundschaften mit Größen wie Falco und Helmut Lang sowie ihre Liebe zur Oper, bleibt sie der Wiener Szene bis heute treu.
  • Trotz schwerer Zeiten, wie einer Krebserkrankung, lebt sie nach dem Motto 'Sexy, not sorry', modelte mit 78 in Unterwäsche und denkt ans Aufhören in der Loos-Bar noch lange nicht.

Sie ist die Königin der Nacht, die Herbergsmutter der Schlaflosen, ein echtes Wiener Szene-Original – die legendäre Loos-Patin Marianne Kohn feiert heute, Montag, ihren 80. Geburtstag. 

„So lange man gesund ist und nichts hat, außer ein paar Wehwehchen, die man als ein Junger auch hat, ist das ja wurscht“, so Kohn gewohnt trocken dazu.

Mit 17 kehrte sie Wien den Rücken, denn „damals war Wien wirklich grau in grau und grauslich. In den 1960er-Jahren war das ja fürchterlich und auch lauter schirche Männer. Dann bin ich nach Italien abgehauen“, erzählt sie lachend im KURIER-Interview. 

Und zwar in die Filmstadt Cinecittà, wo sie unter anderem für Pier Paolo Pasolini und Federico Fellini als Cutterin gearbeitet hat. Insgesamt war sie acht Jahre dort, pendelte aber immer wieder nach Wien.

Erster Bar-Job mit 35

Mit 35 nahm sie ihren ersten Bar-Job im Innenstadt-Lokal „Schoko“ an und ist seither mit ihrem grantelnden Charme aus dem Wiener Nachtleben nicht mehr wegzudenken. 

Legendär auch ihre Zeit in der Kultdisko „U4“, wo sie zum Beispiel Hit-Gigant Falco wegen Zechprellerei mit der Polizei drohte (Spoiler: die beiden wurden Freunde).

„In den 1980er-Jahren ist Wien besser geworden. Das U4 hat vielen jungen Menschen das Leben gerettet. Das war etwas, wo man hingehen konnte. Jetzt gibt es so viel – und auch viel Schaß“, meint sie schmunzelnd. 

Viele große Persönlichkeiten waren mit ihr auf Du und Du – sie hat zum Beispiel Jimi Hendrix näher kennengelernt („Für eine Nacht.“), auf das Koks von Andy Warhol aufgepasst oder befunden, dass Falco immer so schlecht angezogen war und ihm daher ihren Freund, Designer Helmut Lang (69), vorgestellt. 

Marianne Kohn leitete später auch das „Café Europa“ und organisierte coole Clubbings und Musikevents.

Loos Bar

1995 übernahm sie die Loos-Bar, deren Geschicke sie bis heute leitet. Immer mit wachsamen Augen auf ihrem Stammplatz sitzend – gleich links neben dem Eingang. 

„Eigentlich hasse ich ja Menschen, mehr oder weniger, ABER die Gäste in der Loos Bar sind wahnsinnig viele Künstler und nette Leute. Wir haben vielleicht einmal im Jahr Wickel mit Besoffenen, andere Lokale haben das jeden Tag. Denn wenn ich schrei, rennen’s.“

Übrigens, wer ein Date in der Loos plant, sollte schauen, den Platz beim ersten Hocker links an der Bar zu ergattern, denn „da wird immer geschmust, ich hab keine Ahnung, warum? Gleich der erste Hocker bei der Tür und der ist bekannt dafür.“

Liebe zur Oper

Ihr großer Traum wäre eigentlich gewesen eine Opernsängerin zu werden. „Ich hab zwar ein gutes Gehör, aber ich kann keine Noten lesen. Das wäre schon immer mein Traum gewesen. Aber leider bin ich kein Sopran, sondern eine Alt-Stimme. Und da sterben sie ja nicht. Da gibt’s ja nix Aufsehenerregendes.“

Ihre Mutter war Claqueurin in der Wiener Staatsoper und vor dem Krieg auch mit Opernkritiker Marcel Prawy liiert, der später, nach seiner Rückkehr aus der US-amerikanische Emigration, auch zu Kohns Ziehvater wurde. Er hat ihre Liebe zur Oper, die bis heute ungebrochen ist, gefördert. 

„Ohne Oper könnte ich nicht leben. Ich liebe die Oper, habe auch viele Freunde in dem Bereich. In der Oper ist man in einer anderen Welt. Ein Märchen in Musikform. Oper ist einfach ein Traum.“

Außer eben, dass sie nicht Opernsängerin geworden ist, bereut die Loos-Patin in ihrem Leben nichts. 

„Ich würde alles genau so wieder machen“, wie sie erzählt. „Ich hab ein super Leben gehabt, ich hab immer das gearbeitet, was ich wollte. Andere haben Jobs, die sie gar nicht wollen. Ich könnte nie den ganzen Tag in einem Büro sitzen, da würde ich wahnsinnig werden.“

Unterwäschemodel

Überhaupt schert sie sich wenig darum, was andere denken, so hat sie mit 78 unter dem Motto „Sexy, not sorry“ für Palmers in Unterwäsche gemodelt. Zahlreiche Plakate mit ihr zierten die Stadt. Einzige Retusche, ihre „Peckerln“, sprich einige ihre zahlreichen Tattoos wurden weggemacht.

So vor der Kamera zu stehen, ist Marianne Kohn aber nicht so leichtgefallen, wie sie sagt: „Film ist einfacher.“ Sie hätte sich aber während des Shootings sehr wohl gefühlt, alle seien total lieb zu ihr gewesen und vor allem die Message liege ihr sehr am Herzen. „Weil sich Frauen immer für alles entschuldigen.“

Ans Aufhören in der Loos-Bar denkt sie auch noch lange nicht. „Wahrscheinlich sterbe ich in der Loos-Bar. Ich fall tot um drinnen.“

Keine Angst vor dem Tod

Sie hat keine Angst vor dem Tod, denn „ich bin ja einmal schon fast gestorben, damals, als ich den Krebs (Anmerk.: 2010 stellte man bei ihr ein Ovarialkarzinom fest. Sie musste sich operieren lassen und einer Chemotherapie unterziehen) hatte. Und da wollte ich wirklich sterben, weil ich solche Schmerzen hatte. Ich hab jetzt überhaupt keine Angst vorm Sterben, ich glaube, das ist eine andere Dimension, die jeder erlebt“, sagt sie.

Frei nach Sigmund Freud: „Wer sagt, dass das das Leben ist und das andere der Tod? Es kann ja auch umgekehrt sein, das sind ja nur zwei Wörter. Wenn man denkt, was da auf der Welt passiert, das kann doch nicht alles sein? Da muss es doch noch etwas geben?“, so Kohn. 

„Da gibt’s im Grand Canyon Steine, die sind 500 Millionen Jahre alt, das kann man sich gar nicht vorstellen. Da sind wir dazu ja nur ein Wimpernschlag. Unsere Zeit ist so ein Klick in der Welt. Entweder, wir haben’s schön oder schirch erwischt. Und obwohl ich auch scheiß Momente in meinem Leben hatte, habe ich es grundsätzlich gut erwischt. Gott sei Dank habe ich eine super Tochter, super Enkelkinder, vier Hunde, alle sind gesund. Also, was will man mehr?“

Das Geheimnis ihrer Fitness? „Kein Alkohol und keine Zigaretten. Ich bin Vegetarier, gehe viel mit meinen Hunden spazieren und lebe halb am Land (NÖ) und halb in Wien.“

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